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MDR, IVDR und Co. Regulatory Affairs 2023: Ausblick auf verschiedene Anforderungen und Zielmärkte

Ein Gastbeitrag von Bruntje Schmidt*

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Ein kurzer Rückblick auf das bewegte Medizintechnik-Jahr 2022: Die Implementierung der MDR, die Einführung der IVDR, Großbritannien und die Schweiz wurden faktisch zum Drittstaat. Das hielt die Medtech-Hersteller auf Trab. Was steht in diesem Jahr an?

Auf welche regulatorischen Herausforderungen können sich Medtech-Hersteller 2023 einstellen? (Symbolbild)
Auf welche regulatorischen Herausforderungen können sich Medtech-Hersteller 2023 einstellen? (Symbolbild)
(Bild: Alexander Limbach - stock.adobe.com)

Das vergangene Jahr war spannend: Die Medizinprodukte-Hersteller wurden mit der Implementierung der MDR-Anforderungen auf Trab gehalten. Und auch die IVD-Hersteller mussten mit der Einführung der Verordnung (EU) 2017/746 (IVDR) einige Hürden meistern, wie bspw. die Aktualisierung der technischen Dokumentationen ihrer In-Vitro-Diagnostika. Durch den vollzogenen Brexit (UK) und das Ende des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen mit der Schweiz (Mutual Recognition Agreement (MRA)) sind beide europäische Nachbarstaaten faktisch zum Drittstaat geworden. Das erhöht die regulatorischen Anforderungen an Medizinprodukte und IVD für das Inverkehrbringen auf dem UK-Markt und in der Schweiz.

Und was steht 2023 an?

Updates zur MDR & IVDR

Für eine sichere und reibungslose Zulassung Ihrer Medizinprodukte

Regulatory Affairs - Expert Talks

Wie Sie die Zulassung Ihrer medizintechnischen Produkte sicher und reibungslos umsetzen können, erfahren Sie auf dem Forum „Regulatory Affairs – Expert Talks“ in Würzburg. RA-Experten berichten über ihre Erfahrungen in der Umsetzung der MDR und IVDR und unterstützen Sie bei der rechtskonformen Zulassung Ihrer Geräte mit wertvollen Praxis-Tipps. Die Veranstaltung richtet sich an Regulatory Affairs Manager, Qualitätsmanager und alle Regulatory-Interessierte aus Medizintechnik- bzw. IVD-Unternehmen.

Die MDR und die neuen Übergangsfristen

Quo vadis, MDR? Auf der Tagung des EPSCO-Gesundheitsrates (Employment, Social Policy, Health and Consumer Affairs Council = Rat für „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“) am 14. Juni 2022 äußerten die Gesundheitsminister ihre Besorgnis: Die bestehenden, ernsthaften Herausforderungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (MDR) bedrohen die kontinuierliche Verfügbarkeit bestimmter Medizinprodukte, die für Gesundheitssysteme und Patienten benötigt werden, und der Zugang innovativer Medizinprodukte zum EU-Markt ist gefährdet.

Darauf folgte am 9. Dezember 2022 erneut ein Treffen des EPSCO-Gesundheitsrates, an dem auch die EU-Kommission beteiligt war. Die EU-Kommission nahm die Bedenken der Mitgliedsstaaten und der benannten Stellen ernst und stellte diejenigen regulatorischen Aspekte vor, die voraussichtlich in einer Ergänzung der MDR/IVDR festgeschrieben werden.

Dies kann folgende Punkte betreffen:

  • Gestaffelte Ausweitung der Übergangsfristen gemäß Artikel 120(3) MDR in Abhängigkeit der Risikoklasse der Produkte. Neue Fristen könnten laut Vorschlag der EU-Kommission sein: 2027 für Produkte der Klasse III und Klasse IIb mit erhöhtem Risiko und 2028 für Produkte der Klasse IIa und diejenigen Klasse I-Produkte, die die Beteiligung einer benannten Stelle brauchen.
  • Sofern erforderlich, ist eine Ausweitung der Übergangsfristen mit einer Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Zertifikate nach 93/42/EWG und 90/385/EWG möglich. Der Artikel 120(2) MDR würde dann angepasst.
  • Die angepassten Regelungen sollen nur für diejenigen Produkte gelten, die mit keinen unvertretbaren Risiken verbunden sind, die keine wesentlichen Änderungen erfahren haben und für die, die Hersteller bereits nach dem Konformitätsbewertungsprozess gemäß MDR angestoßen haben (d. h. Anpassung des Qualitätsmanagementsystems ist erfolgt, Konformitätsantrag wurde gestellt oder von einer Benannten Stelle bereits akzeptiert. Deadline könnte hierzu der 26. Mai 2024 sein).
  • Die Regelung zur weiterhin erlaubten Bereitstellung von Produkten bis Mai 2025 fällt weg (betrifft Artikel 120(4) MDR und Artikel 110(4) IVDR).

Im Anschluss an das Treffen des EPSCO-Gesundheitsrates wurde im Dezember 2022 das neue MDCG-Positionspapier „MDCG 2022-18“ veröffentlicht: zur Anwendung von Artikel 97 MDR auf Legacy Devices, deren MDD- oder AIMDD-Zertifikat abläuft, bevor ein MDR-Zertifikat ausgestellt wird. Dieses MDCG-Dokument adressiert gezielt die Engpässe der benannten Stellen, die zu Verzögerungen bei der Ausstellung von MDR-Zertifikaten und somit zu nicht-konformen Produkten führen (da das MDD/AIMDD-Zertifikat abgelaufen ist).

Ziel ist es, durch das MDCG 2022-18 die kontinuierliche Verfügbarkeit von Medizinprodukten auf dem EU-Markt zu gewährleisten, die für die Gesundheitssysteme und die Patienten notwendig sind. Das MDCG-Positionspapier beinhaltet Informationen darüber, wie die Zertifizierungsstellen beabsichtigen, Artikel 97 MDR in einer rechtlich fundierten, kohärenten und konsistenten Weise anzuwenden.

Das MDCG 2022-18 gilt nur für Legacy Devices, die in den Anwendungsbereich von Artikel 120(3) MDR fallen, und für die das MDD-/AIMDD-Zertifikat vor der Ausstellung des/der erforderlichen MDR-Zertifikats/-Zertifikate abläuft bzw. bereits abgelaufen ist. Die Guidelines „MDCG 2022-21" und „MDCG 2023-1" sind in diesem Artikel noch nicht berücksichtigt.

Brexit – Verlängerung der Übergangsfrist für die CE-Kennzeichnung und Ausblick auf den regulatorischen Rahmen

Nachdem das Vereinigte Königreich am 1. Januar 2021 den Brexit vollzogen hatte und UK seitdem als EU-Drittstaat gilt, lohnt es sich in diesem Jahr nochmals einen Blick auf die Brexit-Roadmap zu werfen.

Während die Registrierfristen für Medizinprodukte bei der britischen Regulierungsbehörde MHRA (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency) bereits zum 31. Dezember 2021 abgelaufen sind, stand das Ende der Übergangsfrist für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten und IVD mit Anerkennung des CE-Kennzeichens in UK zum 30. Juni 2023 vor der Tür. Nach der bisher gültigen Roadmap des Brexits sollte ab dem 1. Juli 2023 nur noch die UKCA-Kennzeichnung auf Medizinprodukten und IVD in UK Anerkennung finden.

Bereits Ende Oktober 2022 gab die MHRA bekannt, dass sie die Übergangsfrist für Medizinprodukte und IVD verlängern wird. Laut dieser Ankündigung soll die Frist um ein Jahr, bis zum 1. Juli 2024, verlängert werden und das CE-Kennzeichen weiterhin auf dem UK-Markt Anerkennung finden. Es sollen noch weitere Übergangsbestimmungen in Kraft treten.

Weiterhin plante die britische Regierung nach dem vollzogenen Brexit, eine eigenständige Regulierung für Medizinprodukte und IVD zu implementieren. Das Inkrafttreten dieser UK-MDR war ursprünglich für den 1. Juli 2023 vorgesehen. Im vergangenen Jahr haben die britische Regierung und die MHRA eine Befragung unterschiedlicher Stakeholder zu den Optionen für die vorgeschlagenen Änderungen des Rechtsrahmens für Medizinprodukte und IVD im Vereinigten Königreich durchgeführt: Im Juni 2022 wurden die Antworten auf die Befragung und der daraus deutbare, grobe regulatorische Rahmen veröffentlicht. Nach dem neuen Zeitplan sollen die daraus abgeleiteten, neuen regulatorischen Anforderungen ebenfalls erst ein Jahr später, ab dem 1. Juli 2024, in Kraft treten. Ein konkreter Entwurf der neuen regulatorischen Anforderungen für Medizinprodukte und IVD in UK lagen bisher seitens der MHRA noch nicht vor – die erwarteten, neusten Informationen hierzu präsentierte die MHRA am 24. Januar 2023 in einem Webinar. Demnach ist die Veröffentlichung der künftigen MDR für voraussichtlich Winter 2023 geplant, die Implementierung der daraus resultierenden, neuen regulatorischen Anforderungen soll im Sommer 2024 mit einer sechsmonatigen Umsetzungsfrist abgeschlossen sein.

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Swexit – die Entwicklungen nach Ende des MRA

Bisher dürfen Patienten in der Schweiz ausschließlich mit Medizinprodukten behandelt werden, die eine EU-Zulassung haben. Nach Ende des MRA zwischen der Schweiz und der EU zeichnete sich nach und nach ein möglicher Engpass in der Versorgung der Schweizer Bevölkerung mit notwendigen Medizinprodukten ab.

Das Schweizer Parlament forderte deshalb den Bundesrat auf, das nationale Recht so anzupassen, dass die Schweiz Medizinprodukte mit einer FDA-Zulassung anerkennt. Diesem Antrag wurde am 28. November 2022 stattgegeben, und der Bundesrat hat den Entscheid zugunsten der Versorgung der Schweizer Bevölkerung mit qualitätsgeprüften Medizinprodukten gefällt. Somit wird der Schweizer Medizinproduktemarkt künftig um Medizinprodukte mit FDA-Zulassung erweitert und die Schweiz ist nicht mehr ausschließlich von eigenen Produkten und Medizinprodukten mit MDR-Zulassung abhängig.

Wie der gesetzliche Rahmen aussehen wird und welche Übergangsfristen für die Anerkennung der Medizinprodukte aus den USA gelten werden? Das wird in diesem Jahr nicht nur die Hersteller in der Schweiz beschäftigen, sondern auch die Hersteller aus der EU, die weiterhin ihre Marktanteile in der Schweiz trotz Konkurrenz aus den USA zu halten versuchen.

Einen weiteren Meilenstein für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten in der Schweiz wird auch die Swissdamed – Swiss Database on Medical Devices – darstellen. Die Swissmedic hat im April 2022 mit der Realisierung einer Datenbank vergleichbar zu Eudamed begonnen. Allerdings werden zukünftig erst mit einer entsprechenden Änderung der MepV/IvDV (Medizinprodukteverordnung/Verordnung über In-vitro-Diagnostika) die Registrierungen für Medizinprodukte und IVD verpflichtend. Die Änderung der regulatorischen Anforderungen in MepV und IvDV und der damit verbundene Start der Swissdamed-Datenbank ist ebenfalls für 2023 geplant.

Weitere Artikel zu regulatorischen Angelegenheiten finden Sie in unserem Themenkanal Regulatory Affairs.

* Die Autorin: Bruntje Schmidt ist Medical Device Expert Quality Management und Technical Documentation bei Metecon.

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