Proto Labs Ins Rollen gebracht
Bewegtes Sitzen im Rollstuhl? Was sich anhört wie ein unüberbrückbarer Gegensatz, hat ein junges Unternehmen zu einem völlig neuartigen Prinzip gemacht. Keine drei Jahre dauerte es von der Firmengründung bis zur Marktreife des Rollstuhls – dank 3D-Druck und dem Expressfräsdienst von Proto Labs.
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In der Diplomarbeit des Produktdesigners Thyl Junker ging es ursprünglich um die Übertragung der Bewegungsabläufe des Laufens auf sitzende Tätigkeiten. Zunächst dachte der Diplomand an die Vorbeugung von Rückenleiden bei Büroangestellten, Berufskraftfahrern sowie allen anderen Tätigkeiten, bei denen häufiges Sitzen zu Problemen führt. Dabei stellte sich heraus, dass es Rollstuhlfahrer sind, die am meisten sitzen und die noch dazu kaum Möglichkeiten haben, sich selbstständig zu bewegen. Heraus kam nicht weniger als die Neuerfindung des Rollstuhls.
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3D-Druck
Sitzt, passt, wackelt und hat Luft
Grundidee ist die Übertragung der Bewegungen des aufrechten Gangs auf das Sitzen. Ein bewegliches Rückenteil und eine dynamische Sitzfläche animieren den Schultergürtel, das Becken und somit auch die Wirbelsäule. Der Rücken wird dadurch entspannt, die Bewegungen wirken sich positiv auf die Verdauung, das lymphatische System und weitere Teile des Körpers aus. Zusätzlich unterstützt der Hebelantrieb die positiven Wirkungen.
Seitliche Hebel bewegen den Rollstuhl über einen manuellen Hybridantrieb. Gleichzeitig kann dieser aber auch über die bekannten Greifreifen manövriert werden, was Kippbewegungen möglich macht. Die Kraftübertragung über die Hebel ist sehr effizient. Zahnriemen, ein leichtläufiges Getriebe mit mittig angelegtem Differenzial und eine 11-Gangschaltung lassen den Rollstuhl auch im Einhandbetrieb mühelos geradeaus laufen. Untersuchungen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) zeigen, dass die Belastung in den Handgelenken deutlich zurückgeht im Vergleich zum Antrieb über die Greifreifen. Die Gelenke werden nur noch halb so stark beansprucht.
Echte Teile in größerer Materialauswahl verfügbar
Bei Desino wird mit dem 3D-CAD-Programm Inventor von Autodesk konstruiert. Thyl Junker beschreibt, wie das erste Modell Radius zur Marktreife gebracht wurde: „Die Miniaturmodelle für Demonstrationszwecke erstellten wir mit 3D-Druck im Sinterverfahren. Für den Prototyp halfen wir uns zuerst mit Fahrradteilen. Teilweise erstellten wir 1:1 Modelle von Bauteilen, ebenfalls im Sinterverfahren. Diese taugten aber lediglich für haptische Eindrücke. Belastbar waren diese selbstverständlich nicht. An der Hochschule bestand die Möglichkeit, einzelne Teile fräsen zu lassen, allerdings nur für kleine Baugrößen mit wenig komplexen Konturen. Unsere Entwicklung schien sich stark zu verzögern. Schließlich kam ein anderes Team aus der Hochschule auf uns zu und empfahl Proto Labs. Von nun an bekamen wir einen regelrechten Schub.“
Zunächst konnte ein Faltgelenk aus Aluminium an der Rückenlehne vom Expressfräsdienst von Proto Labs gefertigt werden. „Die Zusammenarbeit ist für uns die Lösung, weil wir so nicht unnötig Kapital in eigenen Maschinen binden müssen und gleichzeitig sehr schnell sind. Unser Entwicklungsprozess beschleunigte sich damit signifikant“, stellt Junker zufrieden fest.
Wie wichtig eine schnelle Prüfung von neuen Teilen unter realen Bedingungen ist, zeigte sich an einem ersten Entwurf zur Führung der Hebelstange, welcher sich als nicht optimal erwies. Produktdesigner Thyl Junker schildert seine Erfahrung wie folgt: „Die schnelle Durchführung eines verlässlichen Tests mit echten Teilen spart enorme Entwicklungszeit ein. Mit klassischen Anbietern von Fräs- teilen hätten wir dafür Wochen gebraucht.“
Ein weiteres Beispiel dafür ist das Gelenk für den Griff. Das Bauteil ist sehr komplex. Erste Handmuster druckten die Entwickler selbst mit einem 3D-Drucker, anschließend ließen sie das echte Teil maschinell fertigen. Der Prozess des 3D-Drucks und der bei der Bestellung sind ähnlich einfach und schnell, nur sind dann im Ergebnis echte Teile und eine viel größere Materialauswahl verfügbar. Zudem beschleunigt sich das Durchlaufen mehrerer Prototypenzyklen. So kann ein hoher Grad an Ausgereiftheit im Endprodukt erreicht werden.
Das Entwicklerteam hat den Spezialisten als festen Bestandteil in der Produktentwicklung und der Kleinserie integriert. „Wir freuen uns schon auf das erweiterte Angebot von Proto Labs, das durch die Akquirierung von Alphaform entstanden ist. Damit kommt eine Reihe von additiven Verfahren hinzu, wie Vakuumguss, Niederdruck-Spritzguss, Oberflächenveredelung und Reverse-Engineering. Für uns bedeutet das, dass wir zukünftig einen Ansprechpartner haben für alle Arten von Prototypen und Kleinserienfertigung.“ Ideale Voraussetzungen also, um den Markt auch in Zukunft noch weiter aufzumischen.
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