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Porträt Siemens Healthineers – die Gesundheitspioniere

Redakteur: Kathrin Schäfer

Kruppianer, Henkelianer – solche Bezeichnungen bezeugen den Stolz von Mitarbeitern auf ihre Firmenzugehörigkeit. Nun hat sich die Siemens Healthcare AG vor wenigen Wochen in Siemens Healthineers umbenannt. Ein Markenname, der auch als Synonym für die Ingenieure der Siemens-Gesundheitssparte taugt?

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Mit einer aufwändigen Performance wird der neue Markenname in Erlangen Mitarbeitern vorgestellt.
Mit einer aufwändigen Performance wird der neue Markenname in Erlangen Mitarbeitern vorgestellt.
(Bild: www.siemens.com/presse)

Es ist an einem Mittwoch im Mai, dass CEO Bernd Montag den neuen Namen in Erlangen vorstellt. „We are Healthcare Pioneers“, ein eigens für die Präsentation komponierter Song, soll auf den Claim einschwören. Der Auftritt Montags, nachzuhören und -zusehen auf Youtube, erinnert an die Produktpräsentationen des ehemaligen Apple-Chefs Steve Jobs, auch deshalb, weil Montag seine rund 12.000 Mitarbeiter aus der Region um Erlangen auf Englisch anspricht. Bei Siemens leiste man Pionierarbeit im Bereich Healthcare, und: Keine Firma auf diesem Planeten habe Healthcare so verändert, wie Siemens das immer und immer wieder getan habe. Sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, den Status Quo immer wieder aufzubrechen und eine aktive Rolle bei der Gestaltung der Zukunft einzunehmen, diesen Anspruch definiert der Firmenchef, damit man Kunden auch in Zukunft als „Enabler“, als inspirierender Partner gegenübertreten könne. Einzigartig wie die Pioniere, die Ingenieure bei Siemens, soll nun auch der neue Firmenname sein. Hierbei handelt es sich um die vorläufig letzte aus einer ganzen Reihe von Umbenennungen in den vergangenen Jahrzehnten.

Ein Zungenbrecher, der nach Kindergartengruppe klingt?

Das Pathos der Erlanger Präsentation, es überrascht bei einem Konzern wie Siemens, der sich laut Süddeutscher Zeitung mit Marketing eher schwer tut. Ein Zungenbrecher sei der neue Name für deutsche Muttersprachler, weniger einem Konzern als vielmehr einer Kindergartengruppe angemessen.

Das Healthcare-Geschäft von Siemens hat seit nunmehr zwei Jahren im Konzern einen Sonderstatus als Unternehmen im Unternehmen, hat eigene Strategien und Strukturen entwickelt, um besser auf die Bedürfnisse seiner Kunden einzugehen. Der neue Name soll diesen Anspruch jetzt nach außen kommunizieren, heißt es in sehr viel nüchternerem Marketingdeutsch aus der Kommunikationsabteilung von Siemens Healthineers. Entstanden sei er aus der Kreativität Siemens-eigener Köpfe und der professionellen Begleitung einer britischen Marketingagentur, um „den Pioniergeist und das Ingenieurwissen von Siemens Healthcare in der Gesundheitsindustrie“ zu unterstreichen.

Dieser Pioniergeist, er geht zurück auf das Jahr 1847, als Werner Siemens die Firma Siemens & Halske in Berlin gründet. Ab 1850 werden elektromedizinische Geräte produziert. Zum Gründungsmythos gehört, dass Werner Siemens, das vierte von insgesamt 14 Kindern, eine seiner Erfindungen medizinisch anwendet, um die Zahnschmerzen seines Bruders mit elektrischem Strom zu behandeln. Sein naturwissenschaftlich-technisches Know-how hat er, der aus einer wirtschaftlichen Notsituation heraus das Gymnasium ohne Abschluss verlassen musste, während seiner Ausbildung an der Artillerie- und Ingenieurschule der preußischen Armee erworben. Das unternehmenseigene Med-Museum, vor zwei Jahren in Erlangen gegründet und nur wenige hundert Meter von der Zentrale der Siemens-Medizintechnik entfernt, räumt den technischen Anfängen breiten Raum ein, so beispielsweise der Nutzung von Röntgenstrahlung als Grundlage für die medizinische Bildgebung.

Medizinische Entscheidungen werden mit Siemens-Technik gefällt

Heute steht die Gesundheitssparte von Siemens auf drei Säulen: klassischen bildgebenden Systemen (In-vivo-Diagnostik), In-vitro-Diagnostik sowie Dienstleistungen rund um die Geräte. Anders als zu Gründerzeiten, in denen die Medizin selbst noch in Kinderschuhen steckte, kommen Neuerungen meist sehr viel leiser daher. Beispielsweise dürfte die Nachricht, dass sich das MRT-Forschungssystem Tesla jetzt auch im klinischen Umfeld einsetzen lässt, schwerlich Mitglieder außerhalb der Fachwelt erreicht haben. So revolutionär die fünfzigprozentige Gewichtsreduktion des Magneten ist, grundsätzliche Erfindungen sind heute schwieriger zu leisten als noch im 19. Jahrhundert.

Wie die Medizin(technik), so hat sich auch der Konzern selbst gewandelt, vom kleinen Start-up, um eine moderne Terminologie zu gebrauchen, zum global agierenden Gesundheitskonzern. Unter anderem aufgrund von Akquisitionen ist Siemens Healthcare heute mit rund 45.000 Mitarbeitern in 37 Ländern vertreten. Erst vor wenigen Tagen hat Siemens Healthineers die NEO New Oncology AG erworben, um sein Portfolio für molekulare Tests sowie damit im Zusammenhang stehende Dienstleistungen in Onkologie und Genomics zu erweitern. „Der Anspruch von Siemens Healthineers ist es, der Wegbereiter für Gesundheitsversorger weltweit zu werden, der als zuverlässiger Partner gemeinsam mit ihnen das Ziel verfolgt, medizinische Outcomes zu verbessern“, lässt sich David Stein, Leiter Strategie und Innovation bei Siemens Healthineers, zitieren. Tatsächlich beeindruckend ist, dass an zirka 70 Prozent der medizinischen Entscheidungen weltweit Technologie von Siemens beteiligt ist, so eine Erhebung aus dem Konzern. Die Wurzeln wie die Unternehmenszentrale liegen indes noch immer in Deutschland, von dem Qualitätssiegel Made in Germany profitiert das mittlerweile global agierende Unternehmen nach wie vor.

Im Dezember dieses Jahres feiert die Siemens AG den 200. Geburtstag ihres Unternehmensvaters Werner von Siemens, dessen Erfindungen nicht nur die Medizintechnik, sondern auch viele andere Technikbereiche revolutioniert haben. Man darf gespannt sein, mit welchem Song dieses Jubiläum begangen wird. ks

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