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Techtextil 2022 Medizinische Textilien – Werkstoffe für Trommelfell und Hüftgelenk

Quelle: Pressemitteilung

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Vom 21. bis 24. Juni findet die Messe Techtextil in Frankfurt am Main statt. Neben zahlreichen Neuerungen aus der medizinischen Textilforschung ist ein Highlight das von der TU Dresden entwickelte neuartige Trommelfellimplantat aus Fasern. In Tests schnitt die bioinspirierte Innovation deutlich besser ab als herkömmliche Implantate.

Präsentation auf der Techtextil: Mit dem neuartigen textilen Implantat beantwortet das ITM die Frage, was das menschliche Trommelfell mit innovativer Faserforschung verbindet.
Präsentation auf der Techtextil: Mit dem neuartigen textilen Implantat beantwortet das ITM die Frage, was das menschliche Trommelfell mit innovativer Faserforschung verbindet.
(Bild: ITM/TU Dresden)

Weltweit erleiden pro Jahr über 30 Millionen Menschen eine Trommelfellverletzung. Wird diese nicht oder nur unzureichend behandelt, führt das im schlimmsten Fall zum Hörverlust. Abhilfe schaffen Implantate aus körpereigenem Knorpel, Muskelhaut oder synthetischen Kunststoffen. Diese sind aber oft so dick, dass sie nicht so gut schwingen wie das natürliche Trommelfell. In der Folge müssen Patienten trotz Implantat dauerhaft mit eingeschränktem Hörvermögen leben.

Um die volle Hörfähigkeit wiederherzustellen, haben Forscher des Instituts für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM) und der Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Medizinischen Fakultät (beide TU Dresden) ein textiles Ersatz-Trommelfell entwickelt. Das neuartige Hightech-Textil soll auf der kommenden Techtextil, Weltleitmesse für technische Textilien und Vliesstoffe, erstmals einer breiten Fachöffentlichkeit vorgestellt werden. Die Messe findet vom 21. bis 24. Juni 2022 in Frankfurt am Main statt.

Feine Fäden aus Protein-Kunststofflösung leiten Schall naturgetreu

„Die textile Membran ermöglicht eine komplette, dauerhafte und naturgetreue Rekonstruktion des Trommelfells“, sagt Dr.-Ing. Dilbar Aibibu, Forschungsgruppenleiterin Bio- und Medizintextilien am ITM. Vergleichende Schwingungstests mit einem natürlichen Trommelfell und einem Implantat aus Knorpel hätten gezeigt: Das textile Ersatz-Trommelfell besitzt die gleichen Schwingungseigenschaften wie ein echtes Trommelfell. „Das ist bisher einmalig“, sagt Aibibu.

Wie aber gelingt es, den Schall derart naturgetreu zu leiten? Das interdisziplinäre Forscherteam setzt dafür auf Biomaterialien wie Polycaprolacton, ein biologisch abbaubarer Kunststoff, und Seidenfibroin, ein Protein, das aus den Kokons von Seidenraupen gewonnen wird. Mittels Elektrospinnverfahren, mit dem man auch Stents für die regenerative Medizin herstellt, werden aus dieser Protein-Kunststofflösung feinste Fäden gezogen und zum textilen Ersatz-Trommelfell abgelegt. „Ein echtes Trommelfell besteht aus Kollagen, deshalb haben wir ähnliche Materialien verwendet“, erklärt Aibibu. Das textile Material fühle sich operativ wie natürliches Gewebe an. Man habe zudem darauf geachtet, schneidbare Materialien zu verwenden, um die Ersatz-Membran besser an den Patienten anpassen zu können. Nach der Vorstellung der Ergebnisse des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekts auf der Techtextil soll das textile Trommelfellimplantat bald schon in klinischen Studien getestet werden.

Bedarf an Medizinprodukteprüfungen steigt durch Pandemie

Die Hohenstein Institute aus dem baden-württembergischen Bönnigheim präsentieren auf der Techtextil ebenfalls eine Neuheit. Das auf Prüfung und Zertifizierung textiler Produkte spezialisierte Labor will in Frankfurt am Main seinen neuen Geschäftsbereich Hohenstein Medical vorstellen. „Wir wollen damit Medizinproduktehersteller beim Nachweis der Wirksamkeit und Sicherheit auch nicht-textiler Medizinprodukte unterstützen“, sagt Dr. Anja Gerhardts, Leiterin des Bereichs Hygiene & Medical Devices der Hohenstein Institute. In dem 2021 gegründeten Geschäftsbereich prüfen derzeit 15 Personen Medizinprodukte wie Kanülen, Schläuche und Implantate auf Sicherheit, Biokompatibilität und Wirksamkeit.

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Die Idee zu Hohenstein Medical sei, so Gerhardts, eine direkte Folge aus den Erfahrungen in der Corona-Pandemie: „Vor Corona war die Prüfung von Medizinprodukten ein eher kleines Geschäftsfeld, doch mit dem während der Pandemie verschärften Versorgungsnotstand ist die Nachfrage nach zertifizierten Mehrwegprodukten und Qualitätsprüfungen von Medizinprodukten sprunghaft angestiegen.“ Laut Gerhardts sei Hohenstein Medical für Medizinproduktehersteller auch vor dem Hintergrund der neuen EU-Medizinprodukteverordnung (engl. Medical Device Regulation, MDR) interessant.

Textile Hüftgelenkprothese soll das Einwachsen in den Knochen erleichtern

Auch im Bereich der Hüftimplantate können sich die Besucher der Techtextil über neueste Forschungsergebnisse informieren. Laut Statistischem Bundesamt zählt die Implantation einer Hüftendoprothese in Deutschland mit jährlich mehr als 200.000 Operationen zu den zehn häufigsten Operationen (Stand 2020). Meist werden dabei zementfreie oder zementierte künstliche Ersatzhüftgelenke im Oberschenkelknochen verankert. „Gerade bei zementfreien Prothesen kann es bei der Verbindung von Endoprothese und umliegendem Gewebe mitunter zu Defiziten beim Einwachsen in den Knochen kommen“, sagt Caroline Emonts, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Textiltechnik (ITA) an der RWTH Aachen.

ITA-Forscher präsentieren auf der Techtextil erstmals Zwischenergebnisse aus einem Forschungsprojekt für eine textile Hüftgelenkprothese – sie soll dank textiler Faserstruktur (links) und poröser Oberfläche (rechts) das Einwachsen in den Knochen erleichtern.
ITA-Forscher präsentieren auf der Techtextil erstmals Zwischenergebnisse aus einem Forschungsprojekt für eine textile Hüftgelenkprothese – sie soll dank textiler Faserstruktur (links) und poröser Oberfläche (rechts) das Einwachsen in den Knochen erleichtern.
(Bild: ITA)

Sollte sich eine Hüftendoprothese lockern, seien Revisionsoperationen unvermeidbar, erklärt Emonts. Genau das wollten sie und ihre Kollegen künftig verhindern. Gemeinsam mit Partnern aus der Medizintechnik entwickeln sie deshalb im Rahmen eines Forschungsprojekts eine textilverstärkte Prothese, die besser einwachsen soll. „Neu an unserem Ansatz ist die Composite-Struktur der textilen Endoprothese“, sagt Projektleiterin Emonts. Ihre spezielle Keramikoberfläche soll durch eine dreidimensionale Textilstruktur das Einwachsen der Composite-Struktur in den Kochen erleichtern. Das verwendete Material ähnele außerdem dem Mineral Hydroxylapatit, dem Hauptbestandteil von Knochen. Erste vielversprechende Zwischenergebnisse wollen die Textilforscher auf der bevorstehenden Techtextil präsentieren.

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