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Filemaker Hörgerätehersteller schreit nach einer Datenbank

Redakteur: Peter Reinhardt

Moderne Hörhilfen werden immer kleiner, vielfältiger und funktionaler. Das stellt entsprechend hohe Anforderungen an deren Produktion. Das ließ bei einem Schweizer Hörgerätehersteller den Schrei nach einer Datenbanklösung für die Produktionssteuerung laut werden.

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Produktionssteuerung: Der Maschinenpark der Kunststoffspritzerei des Hörgeräteherstellers ist mit eigens angebrachten 23 Zoll großen Touch-Displays ausgestattet.
Produktionssteuerung: Der Maschinenpark der Kunststoffspritzerei des Hörgeräteherstellers ist mit eigens angebrachten 23 Zoll großen Touch-Displays ausgestattet.
(Bild: Filemaker)

Im klimatisierten Inneren der modernen Produktionshalle von Phonak geht es schweizerisch gepflegt und angenehm leise zu. Wir sind schließlich bei einem Hörgeräte-Hersteller, quasi in Bestlage am Zürichsee. Insgesamt 18 Personen sorgen hier im Drei-Schicht-Betrieb dafür, dass alle Kunststoffteile für die Hörgeräteproduktion pünktlich und präzise gefertigt werden. Seit 2012 steuert bei Phonak eine datenbankbasierte Filemaker-Anwendung die Organisation der Arbeitsabläufe und die Qualitätsüberwachung.

Möglich machte die heutige Lösung das Engagement von Nico Ronner. Der 27-Jährige beschäftigt sich schon seit elf Jahren intensiv mit Prozessen, Werkzeugen und Materialien. Über ein dreieinhalbjähriges Studium bildete er sich berufsbegleitend weiter zum diplomierten Kunststofftechniker und kam während dieser Zeit auch zur Phonak.

Expertenwissen sammeln und für alle offenlegen

Seine Diplomarbeit bildete im Winter 2011/2012 den Anfang jener Filemaker-Lösung, die heute die Kunststoffteile-Fertigung bei Phonak prägt. Unterstützt wurde Ronner dabei von Stephan Kaderli, der mehrere Produktionsbereiche bei Phonak verantwortet. „Es steckte zu viel Wissen über die optimale Einrichtung unserer Spritzgussmaschinen in den Köpfen einzelner, erfahrener Mitarbeiter“, erinnert sich Kaderli. Dabei müssen die komplexen Werkzeuge mit größter Sorgfalt in den Maschinen eingerichtet werden. Luft- und Wasseranschlüsse müssen genauso exakt sitzen wie die Kamerasysteme zur Produktionsüberwachung. Zudem waren viele Programme für die Steuerung der Maschinen noch auf veralteten Speichermedien. Entsprechend war eines der ersten Ziele, dieses Wissen und die Programme zu archivieren und allen Mitarbeitern sicher, schnell und einfach zugänglich zu machen.

Eine Aufgabe, die förmlich nach dem Einsatz einer Datenbank schreit. Doch welche sollte man dafür nehmen? Eines war schnell klar: Die hochangepasste Kunststoffproduktion bei Phonak mit vielen firmenspezifischen Details lässt sich nicht vollständig mit einer Anwendung von der Stange abbilden. „Eine individuell angepasste Lösung musste also her. Doch diese extern entwickeln zu lassen, hätte damals jedes Budget gesprengt“, blickt Ronner zurück.

„Traditionell basiert die IT bei uns auf Windows und Share-Point, dennoch haben wir damals ganz unterschiedliche Datenbanken evaluiert“, berichtet Ronner. „Schnell fiel die Wahl auf Filemaker, das durch die intuitive Benutzeroberfläche und seine große Flexibilität ermöglichte, die Lösung rasch und rein intern aufzubauen.“

Qualitätssicherung im laufenden Betrieb

Schnell wuchs die Filemaker-Lösung über eine reine Wissensdatenbank hinaus. Aus Molding Control wurde Planet als Kurzform für Plastic Network – ein umfassendes Programm, das die komplette Produktionskette umkrempeln sollte. Wo früher aus den SAP-generierten Fertigungsaufträgen noch Steckkarten aus Papier gebastelt wurden, um an einer großen Tafel die Aufträge den Maschinen zuzuordnen, dominieren jetzt digitale 2D-Barcodes.

Schritt für Schritt ging es weiter auf dem Weg zur papierlosen Kunststoffspritzerei. Heute wird alles über Planet und damit über Filemaker gesteuert – auch die Qualitätskontrolle. Regelmäßige Prüfungen im laufenden Betrieb haben die früher übliche Nachkontrolle am Ende des Produktionsprozesses abgelöst. Auf eigens angebrachten, 23 Zoll großen Touch-Displays an den 14 Spritzguss-Maschinen können die Mitarbeiter über einen Countdown ablesen, wann die nächste Prüfung ansteht. Dabei sind für jeden Produktionsvorgang unterschiedliche Zeitpunkte vorgegeben, zu denen im laufenden Betrieb ein soeben gefertigtes Teil entnommen und auf seine Qualität hin untersucht werden muss.

Zusätzlich sorgt eine eingängige Symbolik dafür, dass niemand den nächsten Prüfzeitpunkt übersieht. Diese Umstellung der Qualitätsprüfung brachte Phonak nicht nur eine Steigerung der Effizienz, sondern auch finanzielle Vorteile und hatte sich innerhalb von nur zwei Monaten amortisiert.

Kontrolliert wird der Produktionsablauf inzwischen nicht nur an den Maschinen selbst. Dank „Filemaker Go“ sind Mitarbeiter und Vorgesetzte über vier iPads immer bestens über alles informiert. Seit April 2014 lassen sich so Fertigungsaufträge, Trocknungsgeräte, Materialvorbereitung, Kontrolltermine und der Einsatz der Mitarbeiter vom iPad aus planen oder überwachen.

iPads zeigen Mitarbeitern, wo wann was zu tun ist

Die Vorteile liegen auf der Hand: Mit dem iPad wissen alle Beteiligten jederzeit, an welchem Standort in der Halle es gerade etwas zu tun gibt. Umständliche Kontrollgänge von Maschine zu Maschine entfallen. Nicht zuletzt empfinden viele Mitarbeiter den Umgang mit einem iPad der neuesten Generation auch als Aufwertung ihrer Tätigkeit. Für die sensible Dokumentation der Erstmusterprüfberichte wurde inzwischen eine zweite Filemaker-Anwendung namens iBase aufgesetzt. Sie erspart Phonak das mühevolle Einscannen tausender Dokumente, und ohne sie dürfte kein Hörgerät auf den Markt kommen.

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