Maetrics Wirtschaftsakteure: wie die EU-MDR die Compliance-Verantwortungen auf die gesamte Lieferkette ausweitet
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Die EU-MDR bestimmt neue Verantwortungen und Zuständigkeiten für die verschiedenen Einheiten innerhalb der Lieferketten, die ein wirtschaftliches Interesse vertreten, die sogenannten Wirtschaftsakteure. Unternehmen müssen nun also die neuen Anforderungen an diese Akteure entziffern und entsprechend umsetzen. Vor allem die Frage zur Definition von „Wirtschaftsakteuren“ führt zu Verwirrung.

- Wirtschaftsakteure: Informationssuche bezüglich rechtlicher Verantwortungen, Vorschriften und Haftbarkeiten
- Verzögerung der Einführung der Plattform Eudamed zur Registrierung von Wirtschaftsakteuren
- Bewältigung der Herausforderungen durch Unterstützung von externen Beratern
Laut einer im Jahr 2019 durchgeführten Studie haben 28 Prozent der befragten Medizinproduktehersteller noch nicht damit begonnen, die Anforderungen an Wirtschaftsakteure auszuarbeiten, geschweige denn diese in ihren jeweiligen Lieferketten zu identifizieren. Angesichts des aktuellen Bedarfs an Medizinprodukten wird es für Unternehmen von großer Bedeutung, bei der Einführung von neuen Produkten in den EU-Markt auf die verschiedenen Verantwortungen in den Lieferketten zu achten. In diesem Sinne lässt sich die Frage stellen, wer als Wirtschaftsakteur überhaupt gilt.
Ein wesentlicher Punkt in der neuen Regelung sind die mit Compliance verbundenen Verpflichtungen. Akteure, die vorher keine offizielle oder rechtlich bindende Rolle in der Sicherstellung der Compliance spielten, wie Distributoren oder Importeure, müssen sich jetzt bezüglich der hinzukommenden Verantwortungen und Haftbarkeiten informieren. Denn wenn die Last der Erfüllung der gesetzlichen Auflagen nun unter mehreren Einheiten geteilt wird, werden sich Unternehmen für diese neuen Anforderungen vorbereiten müssen.
Klarheit schaffen: Wer gilt als Wirtschaftsakteur?
Als Wirtschaftsakteure gelten alle ausgewählten Einheiten, die ein wirtschaftliches Interesse an Medizinprodukten haben: Hersteller, Bevollmächtigte, Importeure und Distributoren. Die Distributoren ausgenommen, teilen sich nun laut der EU-MDR alle weiteren Wirtschaftsakteure die rechtliche Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften und sind gesamtschuldnerisch haftbar, wenn sie zulassen, dass nicht-konforme Produkte auf den Markt kommen.
Regulatorische Anforderungen für Wirtschaftsakteure
Hersteller sollten sich laut diesen neuen Regelungen zunächst ihre Lieferkette genauer anschauen, um diese nachvollziehen und abbilden zu können und damit sie jeden einzelnen Wirtschaftsakteur nach Artikel 2 der EU-MDR identifizieren können. Wenn sie dies nicht tun, wird es für sie besonders schwierig, die Verantwortungen der einzelnen Einheiten zu kennen und deren Erfüllung entsprechend zu gewährleisten. Obwohl sich die Verantwortungen der Hersteller grundsätzlich wenig ändern, kommen neue Prozesse hinzu, die verfeinert und formalisiert werden müssen, wie z.B. die Registrierung (inkl. einer einmaligen Registrierungsnummer (SRN) und UDIs für ihre Produkte) von sich selbst und anderen Wirtschaftsakteuren sowie das Nachvollziehen ihrer Lieferkette. Eine Herausforderung in dieser Hinsicht könnte die Verzögerung der Einführung von Eudamed sein, der im Rahmen der EU-MDR erstellten Plattform, um alle Wirtschaftsakteure zu registrieren, da bis dahin eventuell eine alternative Registrierungsmethode verwendet werden müsste.
Bevollmächtigte, also die von der EU-MDR als „jede in der Union niedergelassene natürliche oder juristische Person, die von einem außerhalb der Union ansässigen Hersteller schriftlich beauftragt wurde, in seinem Namen bestimmte Aufgaben in Erfüllung seiner aus dieser Verordnung resultierenden Verpflichtungen wahrzunehmen, und die diesen Auftrag angenommen hat“ definierten Akteure, müssen ebenfalls bei Eudamed oder der alternativen Registrierungsmethode registriert sein und müssen Zugang zu einer für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlichen Person haben (PRRC). Auf Bevollmächtigte kommt unter den neuen Regelungen insgesamt eine sehr aktive Rolle zu, was viele vor neue geschäftliche Herausforderungen stellen wird.
Die Akteure, die von den drastischsten Veränderungen betroffen sind, sind Importeure, da sie genaue regulatorische Anforderungen erfüllen und die Angaben der Hersteller überprüfen müssen. Jede Entität, die Medizinprodukte aus Drittländern auf den Europäischen Markt bringen will, hat Verpflichtungen in Bezug auf nicht-konforme Produkte, Produktrückrufe und Vigilanzvorfälle. Sollten Importeure zum Beispiel ein nicht-konformes Produkt entdecken, müssen sie von nun an ein Meldungssystem haben, über welches sie die relevanten Hersteller, Bevollmächtigten und Distributoren informieren können. Des Weiteren sind sie verpflichtet, eine Kopie der Konformitätserklärung sowie Kopien, Änderungen, und Ergänzungen der Erklärung zu behalten. Letztlich müssen sie sich auch noch bereit erklären, Muster der Produkte zur Verfügung zu stellen und Zugriff auf diese Muster zu ermöglichen. Auf Importeure kommen nun gänzlich neue Prozesse zu, die eine radikale Verschiebung der Denkweise und spezifische Expertise nötig machen, um effektiv umgesetzt zu werden.
Die Wirtschaftsakteure, die einzig als Distributoren gelten, also die Einheiten, die die entsprechenden Medizinprodukte auf dem Markt verfügbar machen, werden nicht explizit als gesamtschuldnerisch haftbar im Falle von fehlender Compliance aufgeführt. Sie sind zwar zur Überprüfung der CE-Kennzeichnung, der EU-Konformitätserklärung und der einmaligen Produktkennung (UDI) verpflichtet, doch sie müssen sich nicht bei Eudamed registrieren. Zudem müssen sie dem Hersteller Vorfälle im Rahmen ihrer Vertreibshändlerverträgen melden, vor allem hinsichtlich der strengen Fristen, die sie für solche Meldungen haben. Ihre Systeme und Prozesse müssen also stets dafür abgestimmt sein, um im Falle einer ernsten Gefahr für die öffentliche Gesundheit die Meldungsfrist von drei Tagen einhalten zu können. In Anbetracht dessen, dass vorherige Richtlinien keine regulatorischen Verpflichtungen für Distributoren beinhaltet haben, ist die zusätzliche Verantwortung umso größer.
Praktische Lösungen für die neuen Anforderungen
Unternehmen, die sich diesen Herausforderungen stellen, sollten vor allem in zwei Bereichen vorbereitet sein: Ressourcen und Kommunikation. Mit Ressourcen ist u.a. das Personal gemeint, welches eine zentrale Rolle bei der Durchführung von Anbieter-Kontrollen und Prüfungen spielen wird. Darunter befinden sich auch die rechtlichen Teams und die Geschäftsführung, die stets über die neuen Regelungen und alle damit verbundenen Veränderungen informiert sein müssen. Hersteller müssen, wie bereits erwähnt, besonders den Fokus auf das Nachvollziehen und Abbilden der verschiedenen Akteure legen, die Teil der Lieferketten sind. Sie müssen dann verifizieren, dass alle Einheiten bereit und fähig sind sich an die EU-MDR anzupassen, und sich zur gemeinsamen Bewältigung der Aufgaben zu verpflichten. Dazu gehört auch, dass Bevollmächtigte und die für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person die richtigen Mechanismen zur Verfügung haben, um verhindern zu können, dass nicht-konforme Produkte auf den Markt gelangen, und dass sie wenn nötig den Vertrieb einstellen.
Diese Aufgaben, zusammen mit der Überprüfung des Status und Zustandes der entsprechenden Lieferketten, werden vermutlich zusätzlichen Druck auf kleinere Unternehmen ausüben. Größere Unternehmen müssen ebenfalls neue Verantwortungen übernehmen, vor allem in Bezug auf ihre Netzwerke und Internationalität. Andere Wirtschaftsakteure stehen ebenfalls vor neuen Herausforderungen, um die neuen Anforderungen praktisch, schnell und effektiv umsetzen zu können. Denn sollten die verschiedenen Wirtschaftsakteure, oder sogar nur einer von ihnen, es nicht schaffen, sich zeitnah anzupassen, riskieren sie es, ihren Marktzugang zu verlieren und rechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden. In solchen Fällen kann die Unterstützung von externen Beratern von großer Hilfe sein, um den Druck von den Herstellern und Wirtschaftsakteuren zu nehmen und ihnen beim Meistern dieser neuen Herausforderungen beiseite zu stehen. Somit können regulatorische Feinheiten bewältigt und Wirtschaftsakteure auf eine Linie gebracht werden.
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* Beth Crandall ist Geschäftsführerin Global Solutions Delivery bei Maetrics.
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