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Marktzugang Schweiz: Neue Regulierung der In-vitro-Diagnostika durch IvDV

Ein Gastbeitrag von Dunja Schildge-Reichmann*

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Seit dem Inkrafttreten der IVDR ist die Schweiz ein EU-Drittstaat für Hersteller von In-vitro-Diagnostika. Was bedeutet das genau für das Inverkehrbringen? Einen Überblick über die Regulierung der IVD im Schweizer Markt liefert dieser Gastbeitrag.

Ein ungehinderter Marktzugang ist nicht mehr möglich: Seit dem Inkrafttreten der IVDR im Mai 2022 ist die Schweiz ein EU-Drittstaat.
Ein ungehinderter Marktzugang ist nicht mehr möglich: Seit dem Inkrafttreten der IVDR im Mai 2022 ist die Schweiz ein EU-Drittstaat.
(Bild: M.Dörr & M.Frommherz - stock.adobe.com)

Das Mutual Recognition Agreement (MRA) zwischen der Schweiz und der EU hat in der Vergangenheit das grenzüberschreitende Handeln mit Medizinprodukten/In-Vitro-Diagnostika erleichtert. Mit Inkrafttreten der EU-Verordnung 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (IVDR) im Mai 2022 wurde eine neue Vereinbarung notwendig. Das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen wurde jedoch nicht mehr aktualisiert.

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Die Schweiz ist seitdem EU-Drittstaat, und ihr Markt ist nicht mehr ungehindert zugänglich. Ein hindernisfreier gegenseitiger Marktzugang und eine gemeinsame Marktüberwachung sind nicht mehr gewährleistet. Für das Inverkehrbringen von IVDs benötigen EU-Hersteller einen Schweizer Bevollmächtigten und Importeur. Diese Anforderung ergibt sich aus der Schweizer Medizinprodukteverordnung (MepV; SR 812.213). Medizinprodukte, die in der Schweiz in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, müssen die Anforderungen der MepV bzw. der Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IvDV, SR 812.219) erfüllen.

Die neue IvDV gilt seit 26. Mai 2022

Am 4. Mai 2022 verabschiedete der Schweizer Bundesrat die neue IvDV sowie den Änderungserlass der Verordnung über klinische Versuche mit Medizinprodukten (KlinV-Mep). Sie bilden die letzte Etappe der Anpassung des Schweizer Medizinprodukterechts mit folgenden Zielen:

  • Verbesserung des Patientenschutzes durch strengere Vorgaben für die Konformitätsbewertung,
  • Überwachung nach dem Inverkehrbringen und
  • Angleichung an die neuen Vorschriften der Europäischen Union.

Die neuen gesetzlichen Vorgaben traten am 26. Mai 2022 in Kraft, gleichzeitig mit der Anwendung der IVDR in der EU. Die Schweizer Verordnung referenziert zu großen Teilen auf die IVDR und soll die Sicherheit von In-vitro-Diagnostika erhöhen.

Jeder Hersteller muss über ein Qualitätsmanagementsystem verfügen. Dieses umschreibt beispielsweise die Verantwortlichkeiten und die Anforderungen an das Risikomanagement, die Produktentwicklung und die Leistungsstudien, die Marktüberwachung sowie das Fehlermanagement (Corrective And Preventive Action, kurz CAPA). Auch nach dem Inverkehrbringen müssen Hersteller die Sicherheit des Produkts kontinuierlich überwachen und dokumentieren (Post Market Surveillance, kurz PMS). Außerdem sind sie verpflichtet, in einer technischen Dokumentation die erwarteten Eigenschaften und Leistungen des In-vitro-Diagnostikums zu beschreiben und nachzuweisen, dass das Nutzen-Risiken-Verhältnis akzeptabel ist.

Ergänzendes zum Thema

Klinische Versuche mit In-vitro-Diagnostika werden seit dem 26. Mai 2022 in der KlinV-Mep geregelt und nicht mehr in der Verordnung über klinische Versuche (KlinV). Die Anpassungen der KlinV-Mep ermöglichen eine umfassende Regelung der Forschung am Menschen mit allen Medizinprodukten, einschließlich der IVDs. Damit werden die Anforderungen an die Forschung bezüglich Sicherheits- und Leistungsnachweise für In-vitro-Diagnostika im Einklang mit den europäischen Vorschriften verschärft.

Die Situation in der EU

Die Umsetzung der IVDR konnte wegen der Herausforderungen der Covid-19-Pandemie, der begrenzten Kapazitäten der benannten Stellen sowie der Komplexität der Verordnung selbst bis zum Geltungsbeginn am 26. Mai 2022 nicht erfolgen. Deshalb erließ die EU am 25. Januar 2022 die Verordnung (EU) 2022/112 zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/746 hinsichtlich der Übergangsbestimmungen für bestimmte In-vitro-Diagnostika und des späteren Geltungsbeginns der Bedingungen für hausinterne Produkte. Mit diesen nach Risikoklassen abgestuften und längstens bis im Jahr 2027 dauernden Übergangsfristen, beabsichtigt die EU eine drohende Versorgungslücke zu verhindern.

Übergangsbestimmungen in der Schweiz

Diese neuen Übergangsfristen der EU sind auch in der IvDV entsprechend berücksichtigt. Die IvDV sieht ergänzend verschiedene Übergangsfristen und Maßnahmen vor, um die Versorgung der Schweiz mit sicheren IVDs aus der EU weiterhin zu gewährleisten. Folgende Maßnahmen sind geplant:

  • EU-Konformitätsbescheinigungen werden anerkannt.
  • Registrierung der Wirtschaftsakteure (Hersteller, Importeure und Bevollmächtigte): Die Registrierung erfolgt über die Schweizerische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte Swissmedic. Hier erhalten Akteure eine einmalige Registrierungsnummer, die Swiss Single Registration Number – CHRN.
  • Die Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Sicherheitsberichten erfolgt ebenfalls bei der Swissmedic. Diese Meldung erfolgt durch den designierten CH-REP für die in der EU-ansässigen Hersteller von IVDs.
  • Das Etablieren eines Schweizer Bevollmächtigten (CH-REP) für ausländische Hersteller soll dazu beigetragen, dass die Swissmedic die Marktüberwachung trotz Ausschluss aus dem Netzwerk der EU-Behörden aufrechterhalten kann. Hierfür gelten längere Übergangsfristen (s. Abbildung 1).
  • Erleichterung der Kennzeichnungspflicht: Die IvDV ermöglicht für alle Produkte, die durch Fachpersonen gehandhabt werden, eine alternative CH-REP-Angabe auf einem dem IVD beiliegenden Dokument (bspw. einem Lieferschein). Das gilt nicht für Produkte, die zur Eigenanwendung bestimmt sind und gemäß neuem Recht in Verkehr gebracht werden. Fristverlängerung bis 31. März 2025.

Abb. 1: Überblick über die IvDV: Termine und Fristen
Abb. 1: Überblick über die IvDV: Termine und Fristen
(Bild: Swiss Medtech)

Zulassung/Meldung von In-vitro-Diagnostika gemäß IvDV in der Schweiz

In der Schweiz ansässige Hersteller von IVDs müssen die Swissmedic informieren, sobald sie ihre Produkte initial auf dem Schweizer Markt in Verkehr bringen wollen.

I. IVDs der Klassen D, C, B und A steril müssen individuell gemeldet werden. Hierfür stellt die Swissmedic zwei Formblätter zur Verfügung:

  • Formblatt für die Anzeige der Hersteller gem. Art.90 Abs.1 IvDV,
  • Formblatt für Zertifizierungsdaten von In-vitro-Diagnostika Art. 90 Abs. 1 IvDV (IVDR Annex IX-XI).

Außerdem werden gefordert:

  • die Bescheinigung zu den durchgeführten Verfahren der Konformitätsbewertung (EG-Zertifikate) und
  • die Gebrauchsanweisung, sowie für Produkte zur Eigenanwendung und für patientennahe Tests (POCT) – zusätzlich das Layout der äußeren Verpackung.

II. IVDs der Klasse A nicht-steril können individuell oder als Gruppe gemeldet werden. Hierfür muss das folgende Formblatt bei der Swissmedic eingereicht werden:

  • Formblatt für die Anzeige der Hersteller gem. Art. 90 Abs.1 IvDV

In der Schweiz ansässige Importeure und Händler müssen das folgende Formular bei der Swissmedic einreichen:

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  • Formblatt Meldung nach Art. 46 Abs.4 und Art. 47 Abs. 4 IvDV umgepackten/umgekennzeichneten In-vitro-Diagnostika.

Schweizer Registrierungsnummer – CHRN: Nicht die Registrierung aller Wirtschaftsakteure spätestens 3 Monate nach dem erstmaligen Inverkehrbringen in der Schweiz vergessen. Formblätter und Merkblätter gibt es auf der Seite von Notification of IVDs (swissmedic.ch).

In Gesundheitseinrichtungen hergestellte und verwendete IVD: In-vitro-Diagnostika, die in einer Gesundheitseinrichtung hergestellt und ausschließlich dort verwendet werden (In-house IVD) gemäß Art. 9 IvDV, müssen gemäß Art. 10 IvDV der Swissmedic gemeldet werden. Die Meldepflicht gilt für Gesundheitseinrichtungen in der Schweiz vor der Inbetriebnahme.

Beispiele:

  • Selbst entwickelte, mit eigenen (nicht CE-markierten) Reagenzien durchgeführte, medizinisch-analytische Testverfahren;
  • Auf Standardverfahren oder publizierten Verfahren beruhende, medizinisch-analytische Testverfahren, die mit eigenen (nicht CE-markierten) Reagenzien durchgeführt werden;
  • Erworbene, aber nicht für die medizinische Anwendung vorgesehene Testverfahren (z. B. „Research Use Only/RUO“-Verfahren), die von der Gesundheitseinrichtung für die medizinisch-analytische Anwendung (weiter)entwickelt wurden;
  • Selbst hergestellte IVD-Instrumente;
  • Selbst entwickelte IVD-Software.

Das Formular „Meldung nach Art. 10 IvDV für in Gesundheitseinrichtungen hergestellte Produkte“ muss der Swissmedic zugestellt werden.

In der EU/EWR ansässige Hersteller von IVDs müssen ihre Produkte nicht separat bei der Swissmedic melden, wenn diese in der Schweiz in Verkehr gebracht werden. Vorausgesetzt die Produkte sind IVDR-konform (CE) und es wurde eine Person mit Sitz in der Schweiz als CH-Rep eingetragen.

Seit dem 27. Mai 2022 werden keine IVD gemäß IVDD (98/79/EG) mehr auf dem Schweizer Markt neu zugelassen. Noch auf dem Markt befindliche IVD (Legacy Devices) dürfen keine signifikanten Änderungen erfahren.

Dunja Schildge-Reichmann wird bei den Regulatory Affairs Expert Talks am 15. März einen Vortrag zum Thema IVDR: Von der Geburtsstunde bis zum finalen Countdown halten. Hier geht es zur Anmeldung.

Weitere Artikel zu regulatorischen Angelegenheiten finden Sie in unserem Themenkanal Regulatory Affairs.

* Die Autorin: Dunja Schildge-Reichmann ist Head of IVD bei Metecon.

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