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Worauf es im Miniaturbereich ankommt Anatomie eines Kugelgewindetriebes

Ein Gastbeitrag von Wolfgang Klöblen Lesedauer: 6 min

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Miniatur-Kugelgewindetriebe werden in Applikationen verwendet, die besondere Anforderungen an die Antriebstechnik in Bezug auf Laufeigenschaften, Positioniergenauigkeit und Lebensdauer stellen. Für die unterschiedlichen Ansprüche bietet die August Steinmeyer GmbH & Co. KG ein breites Produktportfolio, das sowohl Standard- als auch Sonderlösungen abdeckt – und das ab Stückzahl eins.

Miniatur-Kugelgewindetriebe von August Steinmeyer werden u. a. in Reinraumanwendungen eingesetzt.
Miniatur-Kugelgewindetriebe von August Steinmeyer werden u. a. in Reinraumanwendungen eingesetzt.
(Bild: Steinmeyer Mechatronik)

Kugelgewindetriebe kommen in vielen verschiedenen Applikationen zum Einsatz, etwa in der Medizin- und Messtechnik, Luft- und Raumfahrt, optischen Industrie oder Fertigung von Mikroelektronik. Kugelgewindetriebe wandeln eine rotatorische in eine translatorische Bewegung um. Sie sind das zentrale Element in Linearantrieben für den Maschinen- und Apparatebau und dort für die Positioniergenauigkeit und Zuverlässigkeit der Antriebe verantwortlich. „Die Anatomie eines Kugelgewindetriebes ist einfach erklärt,“ sagt Ralf Thomas, Produktmanager für Miniatur-Kugelgewindetriebe bei der August Steinmeyer GmbH & Co. KG. „Sie setzt sich aus Spindel, Mutter, Umlenkung und Kugeln zusammen.“ In dem Spindel-Mutter-System dienen die Kugeln als Wälzelemente. Die Kraftübertragung erfolgt über die Kugeln, die in einem Rückführungssystem zwischen dem Gewinde der Mutter und dem der Spindel zirkulieren.

Verschiedene Anwendungen, verschiedene Anforderungen

Die zahlreichen Einsatzgebiete stellen unterschiedliche Anforderungen an die komplexen Komponenten. In der Medizintechnik kommen Miniatur-Kugelgewindetriebe etwa in Beatmungsgeräten und Dosiereinheiten sowie den Blendenstellern von Computertomographen zum Einsatz. Dabei ist die einwandfreie Funktionsfähigkeit wichtigstes Qualitätskriterium. Außerdem werden besondere Anforderungen an die Sauberkeit während der Montage und Verpackung gestellt.

Beim Einsatz in der Messtechnik – z. B. für die Positionierung von Sensoren in Vorschubachsen – wird der Fokus hingegen kompromisslos auf eine hohe Präzision sowie die Integration der Technik in kleine Bauräume gesetzt.

August Steinmeyer entwickelt, fertigt und vertreibt Kugelgewindetriebe in verschiedenen Größen und Ausführungen. Die kleinsten Exemplare im Produktportfolio sind Miniatur-Kugelgewindetriebe. Sie haben einen Spindeldurchmesser von 3 bis 16 mm und kommen in Anwendungen mit kleinsten Bauräumen zum Einsatz. Zudem finden sie auch in den Positioniersystemen des Schwesterunternehmens Steinmeyer Mechatronik Verwendung.

„Wir sind in der Lage, beinahe jede denkbare Variante eines Kugelgewindetriebes herzustellen“, erklärt Thomas. „Gemeinsam mit unseren Kunden entwickeln wir maßgeschneiderte Lösungen für ihre individuellen Anforderungen. Wir legen den geeigneten Aufbau, die Materialien und Fertigungsverfahren fest und realisieren den passenden Kugelgewindetrieb dann aus unserem Baukastensystem.“

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Das Material macht den Unterschied

Je nach Anwendung, Bauraum und Anforderungen können unterschiedliche Umlenksysteme für die Kugelrückführung eingesetzt werden. Als Material für die Umlenkungen kommt standardmäßig Polyetheretherketon (PEEK) zum Einsatz. Im Vergleich zu Metall bietet es Vorteile bei der Geräuschentwicklung und bessere Laufeigenschaften. Metallumlenkungen werden dann verwendet, wenn z. B. eine höhere Temperaturbeständigkeit gefragt ist.

Um spezielle Kundenanforderungen umzusetzen, bietet August Steinmeyer anstelle von Standardlösungen auch Sonderausführungen mit alternativen Materialien, Abstreifern, Schmiermitteln oder Konservierungsmitteln. Maßgeschneiderte Lösungen ermöglichen es, die Kugelgewindetriebe selbst auf engem Bauraum, bei niedrigen Temperaturen oder in Vakuumumgebungen einzusetzen wie in Satelliten zur Positionierung von Antennen im Weltraum. Aber auch Anwendungen im Reinraum, unter hoher Strahlenbelastung oder besonders hohen Temperaturen sind möglich.

Für jede Anwendung die passende Mutter

Je nach Einbausituation und Anschlusskonstruktion werden die Spindeln mit unterschiedlichen Muttern kombiniert. August Steinmeyer bietet sie in sechs Varianten, die auf drei Grundbauformen basieren:

  • Flanschmutter,
  • Zylindermutter und
  • Anschlussgewindemutter.

Die gängigste Mutternform ist die Flanschmutter mit 4-Punkt-Kontakt und Abstreifern. Sie entspricht der DIN/ISO und zeichnet sich durch ihre Austauschbarkeit aus. August Steinmeyer bietet sie in drei Varianten an: mit Einzelgangumlenkung sowie mit Stirndeckelumlenkung wahlweise ein- oder zweigängig.

Zylindermuttern mit 4-Punkt-Kontakt und Einzelgangumlenkung ohne Abstreifer benötigen den geringsten Bauraum. Anschlussgewindemuttern sind den Zylindermuttern sehr ähnlich, zeichnen sich jedoch aufgrund des Anschlussgewindes v. a. durch ihre unkomplizierte Anbindung an die kundenseitige Konstruktion aus. Wenn eine besonders hohe Laufruhe erreicht werden soll, ist die federverspannte Doppelmutter mit Anschlussgewinde die richtige Wahl.

Allerdings machen nicht nur die reinen Bauformen der Muttern einen Unterschied, auch im Inneren der Mutter können durch verschiedene Montagearten und Ausführungen der Kugelgewinde bestimmte Eigenschaften erzielt werden. Nahezu jede Kundenanforderung kann durch eine individuell dafür eingestellte Gesamtkonfiguration aller Komponenten umgesetzt werden.

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Sämtliche Muttern können vorgespannt oder mit Axialspiel montiert und wahlweise mit den beiden Spindeltypen aus dem Steinmeyer-Programm oder mit kundenspezifischen Spindelformen kombiniert werden.

Zwei Genauigkeitsklassen und ein optimiertes Gewindeschleifverfahren

Die Spindelgewinde der Kugelgewindetriebe werden in der Herstellung wahlweise gerollt oder geschliffen. Die gerollten Ausführungen entsprechen i. d. R. den Genauigkeitsklassen T5 bis T10 und eignen sich damit für Standardansprüche. Bei besonders hohen Präzisionsanforderungen wie sie in der Optik, Halbleiter-, Medizin- oder Messtechnik verlangt werden, finden geschliffene Varianten der Genauigkeitsklassen P0 bis P5 gemäß ISO 3408 Verwendung.

Im Rahmen der Weiterentwicklung seiner Produkte hat August Steinmeyer ein optimiertes Gewindeschleifverfahren für die Spindeln seiner Kugelgewindetriebe etabliert. Damit können mikroskopische kleine Unregelmäßigkeiten auf der Laufbahnoberfläche des Spindelgewindes entfernt und dessen Oberflächenrauheit erheblich reduziert werden. Das führt zu verbesserten Schmiereigenschaften, zu einem sanfteren bzw. glatteren Lauf der Mutter sowie zu einer höheren Gleichmäßigkeit des Leerlaufdrehmoments über die gesamte Spindellänge. Weniger Vibrationen und eine geringere Geräuschentwicklung bei hohen Drehzahlen sind weitere positive Effekte. In Versuchen wurde zudem nachgewiesen, dass sich die optimierten Laufeigenschaften insgesamt vorteilhaft auf die Qualität und Lebensdauer der Kugelgewindetriebe auswirken.

Durch das verbesserte Schleifverfahren kann August Steinmeyer wirtschaftliche Komponenten anbieten, die eine energieeffiziente Auslegung des jeweiligen Antriebs ermöglichen und darüber hinaus auch den steigenden Anforderungen hochpräziser Anwendungen gerecht werden – denn die geringeren Reibmoment-Toleranzen steigern auch die Positioniergenauigkeit und senken den Verschleiß.

Produktion erfolgt vollständig inhouse

August Steinmeyer produziert vollständig inhouse, was die Transportwege reduziert und die Qualitätskontrolle verbessert. Bei der Fertigung der Miniatur-Kugelgewindetriebe kommen speziell entwickelte Montagestationen zum Einsatz. Die kleinsten Kugeln haben einen Durchmesser von 0,6 mm und stellen somit spezielle Anforderungen an die spezialisierten Fachkräfte in der Montage. „Bei uns werden die kleinsten Kugelgewindetriebe per Hand mit Kugeln befüllt, was speziell ausgebildetes Fachpersonal mit besonders feinen motorischen Fähigkeiten und besonderem Fingerspitzengefühl erfordert“, berichtet Produktmanager Thomas. Um die Expertise und jahrelangen Erfahrungen am Markt an nachfolgende Generation weiterzugeben, bildet das Unternehmen seine Fachkräfte selbst aus.

Die hochgenaue Fertigbearbeitung der Kugelgewindemutter durch das Innengewindeschleifen und das Innengewinde-Hartdrehen wird durch spezielle Roboter unterstützt, die vollautomatisch Kugelmuttern in einer vorgegebenen Ausrichtung in die Maschine einlegen und entnehmen. Das garantiert eine hohe Qualität und schnelle Durchlaufzeiten.

Moderne Fertigungsverfahren für Umlenkungen, Abstreifer und Lagerzapfen

Bei der Fertigung von Umlenkungen und Abstreifern kommt additive Fertigung in Form von selektivem Lasersintern (SLS) mit Kunststoffpulver als Material zum Einsatz. Auf diese Weise werden nicht nur in kurzer Zeit Serienteile hergestellt. Das Verfahren eignet sich auch ideal für die Fertigung von Mustern und Prototypen, was wiederum Entwicklungszeiten verkürzt und damit Kosten spart.

Modernste Fertigungsverfahren kommen auch bei der Herstellung der Lagerzapfen zum Einsatz. „Wir arbeiten mit einem Langdrehautomaten, der speziell dafür ausgelegt ist, Rohmaterialien mit kleinen Außendurchmessern, direkt vom Halbzeug weg, exakt und produktiv zu bearbeiten“, erklärt Thomas. Damit entfallen vorbereitende Arbeitsgänge, zugleich steigt die Qualität der Werkstücke und Durchlaufzeiten und Kosten werden reduziert.

Umfassende Kontrolle sichert die Qualität

Laufruhe, Geräuschentwicklung, Vibrationen, Einlaufverhalten und Energieeffizienz sind die entscheidenden Parameter zur Beurteilung der Qualität von Kugelgewindetrieben. Die Beurteilung von Miniatur-Kugelgewindetrieben stellt dabei besondere Anforderungen, denn diese liegen hinsichtlich ihrer Präzision oft im Submikrometerbereich. August Steinmeyer hat deshalb spezielle Prüfstände für die hochpräzise Messung der Positioniergenauigkeit von Miniatur-Kugelgewindetrieben entwickelt.

Weitere Messungen, Prüfungen, Protokolle und Zertifikate runden die Qualitätskontrolle ab, die für viele Anwendungen einen großen Mehrwert darstellt. Besonders erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang:

  • das Steigungsprotokoll, welches Steigungsabweichungen über den gesamten Nutzweg (inkl. Min/Max Drehmoment) dokumentiert,
  • das Drehmomentprotokoll (ergänzt durch FFT), welches den Drehmomentverlauf (Ncm) graphisch darstellt und den kompletten Verfahrweg aufzeichnet (inkl. Vor-/Rücklauf),
  • das Steifigkeitsprotokoll, welches die gemessene Steifigkeit [N/µm] bzw. Verformung [µm] in Abhängigkeit von der axialen Prüfkraft erfasst sowie
  • der Erstmusterprüfbericht in Anlehnung an DIN EN 9102 zur einmaligen Verifizierung der Merkmale.

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