Bundesministerium für Arbeit und Soziales Homeoffice-Gesetz: Experten kritisieren Pläne des Arbeitsministers
Hubertus Heil will einen Anspruch auf mobiles Arbeiten im Gesetz verankern. Worum es geht und warum Verbände und Forscher das Vorhaben problematisch sehen.
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Arbeiten vom Küchentisch aus – was vor einem Jahr noch undenkbar schien, ist für viele inzwischen zum Alltag geworden. Im April, zur Hochzeit der Corona-Pandemie, saß sogar jeder Dritte im Homeoffice. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will nun den Anspruch auf mobiles Arbeiten gesetzlich verankern. Nach seinen Plänen sollen Beschäftigte künftig 24 Tage im Jahr von zuhause aus tätig sein dürfen.
Heils Gesetzentwurf sieht vor, dass nur solche Unternehmen sich von der Regelung befreien können, in denen betriebliche Gründe dagegen sprechen. „So zum Beispiel im produzierenden Gewerbe“, erklärt Arbeitsrechtsanwalt Sascha Morgenroth, „wenn die Produktion durch das Fernbleiben der Angestellten nicht mehr fortführbar ist.“ Studien gehen jedoch davon aus, dass zwischen 20 und 40 Prozent aller Jobs in Deutschland auch von zuhause aus erledigt werden könnten.
Zudem sollen nach dem Vorhaben des Ministers die Regeln des Arbeitsschutzes im Homeoffice ebenso gelten wie im Büro. „Kommt es zuhause zu einem Unfall, haftet dafür die Versicherung des Arbeitgebers“, erläutert Anwalt Morgenroth. „Das Unternehmen muss deshalb Sorge dafür tragen, dass der Arbeitsplatz des Mitarbeiters nicht gesundheitsgefährdend ist.“ In der Praxis sei das jedoch kaum nachprüfbar. „Arbeitgeber wären deshalb gut beraten, diese Aufgabe an ihre Beschäftigten zu übertragen. Dazu reicht eine einfach Delegationserklärung: Zeigen Sie darin auf, welche Gefahren am Arbeitsplatz lauern und wie man ihnen entgegenwirken kann. Lassen Sie die Erklärung anschließend von Ihren Mitarbeitern gegenzeichnen.“
Gegenwind von Verbänden und Ifo
Inzwischen gibt es von zahlreichen Verbänden Kritik an Heils Vorhaben. Auf Anfrage von Devicemed verweist der Bundesverband Medizintechnologie (BV-Med) auf eine offizielle Stellungnahme der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Darin heißt es: „Ein wie von Minister Heil geplanter Anspruch auf Homeoffice wäre ein schwerwiegender Eingriff in die Unternehmerfreiheit. Er widerspricht den Grundzügen des Arbeitsrechts.“ Stattdessen sollten Vereinbarungen auf freiwilliger Basis unterstützt werden. „Eine Standardlösung gibt es nicht. In verschiedenen Branchen haben die Tarifpartner zudem ohnehin schon Gestaltungsansätze gefunden, die den Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichermaßen gerecht werden.“
Ähnlich sieht es das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung der Universität München. „Wir gehen davon aus, dass der Vorschlag von Herrn Heil zu einer bürokratischen Mehrbelastung ohne wesentlichen Vorteil führt“ sagt Digitalisierungsforscher Jean-Victor Alipour. Außerdem sei eine gesetzliche Regelung überflüssig. „Die Wirtschaft hat die Vorteile von Homeoffice längst erkannt: zufriedenere und produktivere Mitarbeiter, niedrigere Ausgaben für den Arbeitsplatz und eine gesteigerte Attraktivität als Arbeitgeber. Die konkrete Ausgestaltung sollte deshalb in Verhandlungen mit den Tarifpartnern geschehen oder betriebsspezifisch stattfinden.“
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