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Die richtige Vorgehensweise einfach erklärt Marktsegmentierung als Erfolgsfaktor

Ein Gastbeitrag von Dr. Michael Marquardt und Mathis Schlüter* Lesedauer: 4 min

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Medizintechnik-Hersteller und auch -Zulieferer können die Marktsegmentierung für sich nutzen. Denn so können sie ihre Zielgruppe festlegen und passend ansprechen. Wie genau diese Segmentierung funktioniert, zeigt dieser Beitrag.

Die richtige Marktsegmentierung ist immer Startpunkt eines Vermarktungsprozesses.
Die richtige Marktsegmentierung ist immer Startpunkt eines Vermarktungsprozesses.
(Bild: © jirsak - stock.adobe.com)

Egal ob Zielkunden ausgewählt, die Bearbeitungsstrategie definiert, die Ressourcen und Budgets für den Vertrieb festgelegt, Produkte passend entwickelt oder differenzierte Preise gesetzt werden sollen – die richtige Marktsegmentierung ist immer Startpunkt und so zentraler Erfolgstreiber. Die Segmentierung erlaubt es einem Medizintechnik-Hersteller beispielsweise, die Besuchsfrequenz seines Vertriebs auf die Kundenbedarfe und Potenziale abzustimmen oder zu entscheiden, wo Online-Kanäle schon ausreichend sind. In vielen Fällen ist es beispielsweise für einen Anbieter von komplexer, hochwertiger Technik sinnvoller, sich mit dem Direktvertrieb auf Krankenhäuser mit vielen Eingriffen zu konzentrieren, als Arztpraxen einzubeziehen, die nur wenige Eingriffe durchführen und geringen Bedarf haben. Für die interessierten Praxen können ein Mailing und der Verweis auf den Online-Shop schon ausreichen.

Auch Zulieferer, die zusätzlich zu Produkten viel Wissen zur Prozessoptimierung bei ihren Kunden bereitstellen, können Segmentierung für sich nutzen. Sie können ihr Know-how z. B. eher bei kleineren Kunden als weiteren Kaufgrund im Vertrieb platzieren als bei Konzernkunden, die selbst über entsprechendes Know-how verfügen. Für erstere lassen sich dann durch diesen „Value-added“-Service, also das Know-how, besser höhere Preise für das eigentliche Produkt verargumentieren, als dies bei letzteren Kunden möglich ist.

Bevor die eigentliche Segmentierung beginnen kann, gilt es zu definieren, welcher Detailgrad und welche Betrachtungshöhen zweckmäßig sind. Hier können drei Typen entsprechend den Betrachtungshöhen des Marktes unterschieden werden:

  • Marktsegmentierung: Bei der generellen Marktsegmentierung werden Märkte in Segmente unterteilt, die sich in bestimmten Dimensionen unterscheiden. Beispiele solcher Segmente sind geographische Regionen oder Branchen.
  • Kundensegmentierung: Bei der Kundensegmentierung stehen einzelne Kundentypen innerhalb von Marktsegmenten im Fokus, die sich wiederum anhand bestimmter Dimensionen voneinander unterscheiden. Hier kann beispielsweise für Leistungserbringer zwischen Krankenhäusern, Kliniken, Versorgungszentren, Heimen, Diensten, Arztpraxen und Laboren unterschieden werden. Anbieter von Medizintechnik-, Verbrauchsmaterial- oder Pharmazeutika-Produkten können zwischen Apotheken, Versorgern und Sanitätshäusern differenzieren. Zulieferer der Medizintechnik- und Pharma-Branche wiederum können bei ihren Kunden zwischen Life-
    Science-, Pharma- und Medizintechnik-Unternehmen unterscheiden. Weitere nützliche Segmentierungsdimensionen sind die Trägerschaft, Zugehörigkeit zu Einkaufsverbünden und Position in der Vertriebs- bzw. Wertschöpfungskette.
  • Buying Center: Die Segmentierung von Buying Centern bietet die Möglichkeit, verschiedene Ansprechpartner und deren Entscheidungsvorgehen im Einkauf zu extrahieren. Hier gilt es zunächst zu erfassen, welchen Schritten der Entscheidungsprozess folgt, um dann zu prüfen, welche Position auf Kundenseite in welchen dieser Schritte involviert ist. Entscheidet der Einkauf über die Beauftragung oder liegt diese Entscheidung bei einem Verbund aus Einkauf, Management und Nutzer der Medizintechnik?

Durchführung der Segmentierung

Ist entschieden, welche Betrachtungshöhe für die Segmentierung die richtige ist, gilt es die Art des Segmentierungsvorgehens festzulegen. Bei einer qualitativen Segmentierung wird entlang von definierten Dimensionen grob eingeteilt. Bei der quantitativen Segmentierung werden Modelle mit vielen verschiedenen Segmentierungskennziffern genutzt und kontinuierlich verrechnet. Nachdem die Art des Segmentierungsvorgehens gewählt wurde, sind die Dimensionen, nach denen die Segmente bewertet werden sollen, zu definieren und zu gewichten. Beispiele solcher Dimensionen sind u. a. der „strategische Fit“ zum eigenen Unternehmen und das „Absatzpotenzial“ für verschiedene Segmente.

Abbildung 1: Bewertungslogik einer Segmentierung
Abbildung 1: Bewertungslogik einer Segmentierung
(Bild: Prof. Roll & Pastuch – Management Consultants)

Für jede der definierten Dimensionen werden anschließend Kriterien festgelegt, die die Ausprägung bestimmen. Hier sollte es sich insbesondere bei der qualitativen Segmentierung um eine handhabbare Anzahl an Kriterien handeln, um das Vorgehen übersichtlich zu gestalten. Kriterien für das Potenzial können in einer qualitativen Segmentierung beispielsweise die Marktgröße, Kundenanzahl und die Wachstumsrate sein, jeweils eingeteilt in drei Stufen (gering, mittel, hoch). Um den strategischen Fit zu ermitteln, könnten Kriterien wie der Kundenzugang oder die Anzahl an relevanten therapeutischen Einsätzen, wie Operationen oder Diagnosen, der eigenen Medizintechnik bewertet werden. In einer quantitativen Segmentierung werden diese Kriterien nicht von Experten des eigenen Unternehmens (z. B. durch den Vertrieb oder das Marketing) eingeschätzt und grob eingeteilt, sondern in einem Modell kontinuierlich verrechnet. Bei Bedarf können anschließend die Kriterien anhand ihrer Relevanz für die Verrechnung gewichtet werden. In der Praxis sind meist Mischmodelle anzutreffen und nützlich. So wird die Wachstumsrate eines Marktes entlang von Bandbreiten in Stufen eingeteilt und dann in einem einfachen Modell mit weiteren Kriterien, wie der „Segmentgröße“, mit gleicher Logik verrechnet. Abbildung 1 stellt ein solches Modell exemplarisch dar.

Auswahl der Zielsegmente und praktische Implikationen

Ist die Segmentierung zweckgerichtet durchgeführt, lassen sich Segmente für die Bearbeitung priorisieren. Bei der Auswahl der Segmentierungsdimensionen „strategischer Fit“ und „Absatzpotenzial“ sollten sich die Bearbeitungsressourcen auf die Segmente bzw. Kunden(typen) mit hohem Potenzial und hohem Fit konzentrieren. Neben der Zielsegmentauswahl und Konzentration von Bearbeitungsressourcen können Bearbeitungsstrategien unter Berücksichtigung der Unterschiede pro Segment entwickelt werden. Auf diese Weise lassen sich zielgenau die Vertriebssteuerung und Kanalnutzung (s. Abbildung 2) sowie die Ansprache an die jeweils spezifischen Segmentanforderungen anpassen. Werden ebenfalls die Bedarfe für Produkteigenschaften für die Zielsegmente ermittelt, können Produkte oder Produktportfolio entsprechend den Bedarfen konfiguriert werden. Preise lassen sich später entsprechend der unterschiedlichen Zahlungsbereitschaft über die Segmente hinweg festlegen. Beispielsweise wird für ein Zielsegment mit einer geringen Zahlungsbereitschaft ein schlankes Standardprodukt angeboten und für ein Zielsegment mit höherer Zahlungsbereitschaft ein besser ausgestattetes mit individuellen Anpassungen.

Abbildung 2: Segmentierungsmatrix am Beispiel der Auswahl des Vertriebskanals für Zielsegmente
Abbildung 2: Segmentierungsmatrix am Beispiel der Auswahl des Vertriebskanals für Zielsegmente
(Bild: Prof. Roll & Pastuch – Management Consultants)

Auf einen Blick

Checkbox – die Schritte einer Segmentierung:

  • Festlegung Segmentierungsart: Wahl zwischen Markt-, Kunden- und Ansprechpartnersegmentierung. Entscheidung zwischen einer qualitativen oder quantitativen Segmentierung. Entscheidung entsprechend den Zielen für die Verwendung, wie Produktentwicklung, Preissetzung oder Vertriebssteuerung.

  • Festlegung Dimensionen: Definition der Segmentierungsdimensionen, anhand derer Zielsegmente unterschieden werden sollen, z. B. Absatzpotenzial und Fit zum Unternehmen.

  • Festlegung Kriterien: Definition der Kriterien, die eine Segmentierungsdimension bestimmen, deren Verrechnung sowie die Ermittlung möglicher Ausprägungen der Kriterien für eine Bewertung.

  • Bewertung entlang der Kriterien: Durchführung der Bewertung der Marktsegmente, Kunden oder Ansprechpartner anhand der definierten Kriterien und Dimensionen.

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* Die Autoren: Dr. Michael Marquardt ist Associate Partner bei Prof. Roll & Pastuch – Management Consultants und Mathis Schlüter ist Consultant ebenfalls bei Prof. Roll & Pastuch – Management Consultants.

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