Nachfolgelösung Familienunternehmen holt sich Finanzinvestor an Bord: Wie dies gelingen kann
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Die Medizintechnik-Branche wird von mittelständischen Familienunternehmen geprägt, die aufgrund ihres Wertekanons und ihres Engagements für Innovation erfolgreich sind. Diesen Erfolg kann auch Fotofinder Systems verzeichnen: Marktführer, hohe Wachstumsraten, Exportquote von über 70 Prozent. Warum hat sich die Gründerfamilie jedoch dazu entschlossen, die Mehrheit der Anteile in die Hände eines Finanzinvestors zu legen?

Im Herbst 2021 findet im niederbayerischen Bad Birnbach die Jubiläumsfeier von Fotofinder statt. Rudolf und Sohn Andreas Mayer haben die Fotofinder Systems GmbH vor 30 Jahren gemeinsam gegründet. Aus dem Zweimannbetrieb ist ein führender Anbieter von Visualisierungstechnologie in Kombination mit AI(Artificial Intelligence)-Software für die Untersuchung von Muttermalen zur Hautkrebsvorsorge entstanden. Zur Zeit der Feierlichkeiten steht das Unternehmen jedoch vor einer besonderen Herausforderung. Rudolf Mayer plant, sich aus Altersgründen – nach der bereits vor Jahren erfolgten stark reduzierten operativen Mitwirkung im Unternehmen – auch als Gesellschafter zurückzuziehen.
Für Andreas Mayer ist dies eine Zeit intensiver Selbstreflexion, aber auch zahlreicher Gespräche im Kreise seiner Vertrauten. Eines wird klar: Als geschäftsführender Gesellschafter eines Familienunternehmens gilt es, Unternehmen, Familie und Eigentum neu zu organisieren – mit Blick auf das Wohl aller Beteiligten. Zugleich klopfen an die Tür von Fotofinder immer wieder Investoren, für die der Erfolg des Unternehmens nicht unbemerkt blieb. Nur sehr vereinzelt reagiert Andreas Mayer auf die Anfragen, lässt sich aus Neugier die Ansätze der Investoren erklären, in zwei Fällen auch eine indikative Bewertung des Unternehmens geben.
Die Führung des Unternehmens bereitet Andreas Mayer immer noch große Freude, es gibt keinen Anlass zur Veränderung. Der altersbedingte Rückzug des Vaters verändert jedoch die Konstellation in der Familie und schafft Handlungsbedarf. Wahrscheinlich würde Andreas Mayer niemand raten, den bei weitem größten Teil seines Vermögens in ein einziges mittelständisches Unternehmen zu investieren, ganz unabhängig davon, wie begeistert er von diesem Unternehmen auch sein mag. Er möchte als Geschäftsführer tätig und auch am Unternehmen beteiligt bleiben, aber er möchte auch einen Teil der aufgebauten Werte in Sicherheit bringen.
Abgesehen von der persönlichen Situation der Familie Mayer wurde immer klarer, dass auch das Unternehmen selbst von einem externen Partner auf Gesellschafterebene profitieren würde. Ein familienexterner Investor könnte nicht nur eine möglichst gerechte Verteilung im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge ermöglichen, sondern auch eine für das weitere Wachstum notwendige Weiterentwicklung der Organisation begleiten.
Die Digitalisierung erfasst auch das Geschäftsmodell, nicht nur die Produkte
Aus dem Blickwinkel eines Eigentümers hat Andreas Mayer keine Zweifel: Die zunehmende Geschwindigkeit von Veränderungen des makroökonomischen Umfeldes (Finanzkrise, Pandemie etc.), aber auch des Marktumfeldes in der eigenen Branche (Regulatorik, Technologiesprünge und Wettbewerbsintensität), schafft neue Chancen und Risiken. Der Erfolg und der zunehmende Wettbewerb aus der Softwarebranche werfen automatisch Fragen zum zukünftigen Geschäftsmodell auf.
Die Software von Fotofinder ist bereits ein wichtiger Teil des Geschäfts, aber die meisten Kunden kaufen sie immer noch zusammen mit der Hardware. Es könnte jedoch eine Entwicklung hin zu einem Software-as-a-Service-Modell geben, bei dem Lizenzmodelle die Hardware-Verkäufe substituieren. Diese Veränderung erfordert Investitionen und birgt Risiken, aber bietet auch die Chance, AI-Start-ups einen Schritt voraus zu sein und talentierte Software-Entwickler anzuziehen. Eine solche Veränderung des Geschäftsmodells lässt sich leichter mit einem Investor stemmen.
Diese vielfältigen Überlegungen lassen schlussendlich die Entscheidung reifen, sich den Rat von Menschen einzuholen, die tagtäglich mit Unternehmenstransaktionen und Wachstumsstrategien zu tun haben.
Der erfolgreiche Verkauf ist oft komplexer als die einstige Gründung
Aus heutiger Sicht zeigt sich Andreas Mayer erleichtert über die Entscheidung: „Wir hatten bereits Angebote von zwei Investoren vorliegen und wussten nicht, wie wir diese einschätzen sollten. Zum Glück haben wir dann mit Aquin professionelle Unterstützung gefunden, die uns im ersten Schritt davor bewahrt hat, mit einem der beiden Interessenten alleine weiterzusprechen. Nach der Präsentation der Wertanalyse von Aquin ahnten wir bereits, was durch die eingeholten Angebote im Zuge des professionell aufgesetzten M&A-Prozesses auch bestätigt wurde: Die beiden Interessenten hatten versucht, ein Schnäppchen zu machen.“
Die detaillierte Herausarbeitung einer Transaktionsstruktur, die alle Interessen der beteiligten Personen berücksichtigt, ist stets einer der wichtigsten vorbereitenden Schritte. Der Wunsch der Familie war, die Marke zu erhalten, beteiligt zu bleiben und den Unternehmensgeist zu bewahren. Finanzinvestoren konnten hierfür im Vergleich zu Medtech-Konzernen ein attraktiveres Paket bieten.
„Unser M&A-Berater konnte uns den Rücken freihalten, sodass wir uns auf unser operatives Geschäft fokussieren konnten. Aquin hat uns geholfen, unser Familienunternehmen mit breiterem Gesellschafter-Team und einem Investor zukunftssicher umzugestalten. Auch die Beteiligung unseres Vertriebsleiters ist gelungen“, erzählt Andreas Mayer. „Aquin zeigte sich dabei nicht nur meisterhaft sattelfest in allen Phasen des Prozesses, sondern auch feinsinnig und mit viel Gespür für unsere Situation als Familienbetrieb und die besondere Unternehmenskultur. So fanden wir aus rund 50 Bewerbern einen Investor, der zu uns passt und unsere Werte teilt.“
Der letztlich ausgewählte Investor ist EMZ Partners, ein Private-Equity-Haus mit französischen Wurzeln. Neben dem wettbewerbsfähigen Angebot überzeugte das Team um Klaus Maurer durch eine offene, direkte und wertschätzende Art. EMZ hat trotz der Verhandlungsintensität einer Transaktion den Menschen im Auge behalten und sich so als kompatibel mit der Firmenkultur von Fotofinder gezeigt. Ein Telefonat mit dem Unternehmer eines Portfoliounternehmens von EMZ hatte Andreas Mayer zuversichtlich gestimmt, dass die unternehmerische Gestaltungsfreiheit im täglichen Tun mit diesem Investor weitgehend erhalten bleibt.
Das erste Jahr mit dem Investor
Fotofinder hat sich im ersten Jahr nach dem Einstieg von EMZ weiterhin positiv entwickelt. Als wesentlichste Veränderung ist die Professionalisierung des Controllings zu nennen. Obwohl dies im ersten Jahr nach dem Einstieg von EMZ einigen Implementierungsaufwand verursacht hat, hat es zu einer erheblichen Verbesserung der faktenbasierten Berichterstattung des Unternehmens beigetragen.
„Mir persönlich würde zwar eine Aufbereitung der Zahlen pro Quartal ausreichen, ich sehe aber das berechtigte Informationsbedürfnis von EMZ sowie die zunehmende Eingespieltheit im Erstellen der Monatsreports. Außerdem, ich gebe es zu, fühlt es sich gut an, das Reporting sauber dastehen zu haben und auf Knopfdruck ein Bauchgefühl überprüfen zu können“, resümiert Andreas Mayer. „EMZ vertraut uns als Management-Team und mischt sich nicht in das Tagesgeschäft ein. Durch das entgegengebrachte Vertrauen haben wir die Freiheit, Fotofinder weiterhin erfolgreich in unserem Sinne zu führen.“
* Felix Kampen ist Managing Director und Martin Kanatschnig ist Vorstand bei der Aquin & Cie. AG.
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