Studie Vertrieb: Der Kunde im Mittelpunkt
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Zwischen Umsatzeinbußen, Covid-19-Pandemie und neuen regulatorischen Anforderungen wie der MDR konstatieren viele Medizintechnik-Unternehmen Veränderung als das Gebot der Stunde – allem voran im Vertrieb. Das und noch mehr hat eine Studie von Camelot IT Lab ergeben.

Die aktuelle Studie „Medtech-Vertrieb 2021“ von Camelot IT Lab zeichnet ein klares Bild von großem Veränderungsbedarf im Vertrieb der befragten Medizintechnik-Unternehmen. An der Studie nahmen 164 Personen mit Vertriebsbezug aus 116 Unternehmen teil. Besonders die Covid-19-Pandemie treibt den Wandel zu digitalen Produkten und Prozessen: Welche Möglichkeiten der Kontaktaufnahme bleiben noch bei der Corona-bedingten Einschränkung persönlicher Kontakte? Ist hybrides Vertriebskönnen die künftige Lösung und Remote Selling das Modell der Zukunft, wie es der BV-Med in seiner Herbstumfrage (Devicemed berichtete) postuliert?
Viel Potenzial für die Digitalisierung im Vertrieb
Dabei ist der Vertrieb insgesamt noch wenig digitalisiert: Laut Studie arbeiten jeweils nur sechs bis neun Prozent der Teilnehmer mit voll digitalisierten Prozessen für einen Statusüberblick von digitalen Produkten beim Kunden, in der Touren- und Terminplanung, im Auftragsmanagement oder im Lead- und Opportunity-Management. Lediglich voll digitalisierte digitale Lernplattformen haben sich mit 31 Prozent schon stärker durchgesetzt.
Die Studie identifiziert folgende Handlungsfelder für die Neuausrichtung des Medtech-Vertriebs:
- Medtech Sales Dashboard
- CRM-System
- Kundenzentrierung
- Customer Journey Analytics
- Hybrider Vertrieb
Medtech Sales Dashboard fasst KPI in Echtzeit zusammen
Mehr als die Hälfte der in der Studie befragten Vertriebs-Führungskräfte nutzen aktiv KPIs (Key-Performance-Indicators), um ihre Prozesse zu verbessern. Im weiter starken Wettbewerb mit Preisdruck durch Einkaufsgemeinschaften werden die Kundenzufriedenheitsrate, die Kundenabwanderungsrate und die Weiterempfehlungsrate als die wichtigsten Kennzahlen genannt. Hinzu kommen KPIs aus Vertriebsprozessen, etwa Lead und Opportunity Tracking, für den Digital Order Process und Coverage-Besuche. Auch nach der Digitalisierung von Prozessen ändern sich die Kennzahlen bei den weitaus meisten Studienteilnehmern nicht.
Im Idealfall stehen die KPIs in Echtzeit und in einer integrierten Sicht zur Verfügung. Fehlt es, liegt das oft an einer ganzheitlichen Systemintegration oder der Qualität der Datenbasis. Diese sind Voraussetzung, damit ein zentrales Sales Dashboard Informationen vollständig und transparent zu einer strategischen Sicht auf die Performance im Vertrieb zusammenfasst. Für die notwendigen Investitionen erwarten die befragten Vertriebs-Führungskräfte das Commitment des Managements ihrer Unternehmen.
Wenig Begeisterung fürs CRM-System
Und auch beim Customer-Relationship-Management (CRM)-System gibt es genug zu tun: Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer stehen ihrem CRM-System neutral oder unzufrieden gegen. Hier liegt großes Optimierungspotenzial. Jeweils etwa die Hälfte der Befragten sieht Mehrwert in den CRM-Funktionen Gebietsmanagement (56 Prozent), Angebotskonfiguration (50 Prozent) oder Predictive Forecasting (47 Prozent).
Kundenzentrierung strukturiert interne Prozesse
Durch den Wandel vom Produkt- zum Lösungsanbieter rückt der Kunde stärker in den Fokus, diese Customer Centricity befeuert Prozesse im Unternehmen, die sich an der Buying Journey des Kunden orientieren und damit quer über Abteilungsgrenzen legen.
Auch der Kundensupport wird zunehmend digitalisiert, einige Leuchtturmunternehmen stellen ihn bereits als zukünftigen Werttreiber auf. Diese Entwicklung geht Hand in Hand mit der Transformation hin zu digitalen Produkten und Services. Ein besseres Kundenerlebnis hat Einfluss auf die kurz- bis langfristige Kundengewinnung, den Umsatz und die Kundentreue.
Ein Customer-Experience-zentriertes Vertriebskonzept haben bisher etwa ein Fünftel der befragten Unternehmen umgesetzt, weitere 44 Prozent erstellen es derzeit.
Den Kunden verstehen mit Customer Journey Analytics
Wesentlich für die Einführung von Customer-Experience-zentrierten Vertriebskonzepten werden systematisch erhobene und genutzte Customer-Journey-Daten sein. Das Thema Customer Journey Analytics wird deswegen in unserer Einschätzung in Zukunft zentral sein: Damit befähigen sich Organisationen zu den Vertriebskompetenzen, die die Teilnehmer unserer Studie als wünschenswert angeben, wie die zielgerichtete und bedarfsgerechte Kundenansprache oder das Buying Center Management.
Hybrider Vertrieb bringt bewährte und neue Good Practices zusammen
Etwa die Hälfte der Studienteilnehmer bewerten digitale Vertriebstools und digitale Vertriebstechniken als erfolgsentscheidende Kompetenzen für ihren künftigen Vertrieb. Das korrespondiert mit der Einschätzung von 56 Prozent der Studienteilnehmer, dass der Arbeitsalltag im Vertrieb nicht mehr mit traditionellen Vorgehensweisen abgedeckt werden kann.
Dabei sehen wir ein Miteinander von bestehenden und neuen Good Practices im Vertrieb: Für drei von vier Vertrieblern bleibt der Direktverkauf der erfolgreichste Kanal für den Auftragseingang. Digitalen Vertriebstechniken wie dem „Remote Selling“ wird großes Potenzial eingeräumt. „Remote“ liest sich als Kombination von „remote“ und „emote“ mit dem Kern, Produkte und Services auch digital emotional zu verkaufen.
Das gemeinsame Dach über alle Aktivitäten ist eine Strategie, die neue und bewährte Aktivitäten klug miteinander verbindet, und daraus abgeleitete Prozesse. Das bedeutet: Statt bisherige Vertriebsprozesse zu digitalisieren werden neuartige digitale Wertschöpfungsketten in den verschiedenen Handlungsfeldern des Vertriebs aufgebaut.
Digitalisierung von Vertriebsprozessen ist nur der Anfang
Die Corona-Krise zeigt klar und deutlich, dass Telefonkompetenz und Kommunikationsstärke ein Must-Have im Vertrieb bleiben. Nun gilt es, eine emotional intelligente Ansprache in die neu aufkommenden digitalen Vertriebswege zu übersetzen. Kombiniert mit einer zentralen Datendrehscheibe und dem 360-Grad-Blick auf den Kunden ist die digital gestützte Operationalisierung einer Customer-Experience-Strategie möglich. Eine so neu aufgestellte Vertriebsorganisation beherrscht die Vernetzung und Kommunikation mit Kunden in beiden Welten: mit bewährten Herangehensweisen wie dem Direktverkauf und mit neuen Elementen wie Remote Selling oder virtuellen Veranstaltungen.
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Vertriebsorganisationen in Know-how, Prozesse und Werkzeuge investieren. Dafür braucht es ein hohes Maß an Management-Commitment, das sich aus der Bereitschaft zum Change der Gesamtorganisation ableitet: Dann steht der neue Vertrieb als Treiber für eine umfassende Digitalisierungsoffensive mit digitalen Produkten, weitergehenden Service-Offerings und einer starken Kundenzentrierung als unternehmensweites Leitbild.
Weitere Artikel zur Führung von Medizintechnik-Unternehmen finden Sie in unserem Themenkanal Management.
* Der Autor: Jimmy Jüttner ist Customer-Experience-Experte bei Camelot IT Lab.
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