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TITK e.V. Dosierte Wirkstoffabgabe durch antimikrobielle Kunststoffoberflächen

Autor / Redakteur: Dr. Michael Gladitz, Stefanie Griesheim, Dr. Janine Bauer / MA Alexander Stark

Der Einsatzbereich der Kunststoffe in der Medizintechnik reicht von Disposables bis zu Klasse III-Produkten. Dies liegt nicht zuletzt an der einfachen Fertigung mit hoher Gestaltungsfreiheit und freier Formbarkeit. Das Leistungsspektrum der Polymere ist zudem mit spezifischen Additive vielfältig erweiterbar. Im Bereich Medizintechnik nehmen dabei Funktionserweiterungen wie antimikrobielle Eigenschaften eine besonders wichtige Rolle ein.

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Antimikrobiell beschichtete Blasenkatheter zur Prävention Katheter-assoziierter Harnwegsinfektionen
Antimikrobiell beschichtete Blasenkatheter zur Prävention Katheter-assoziierter Harnwegsinfektionen
(Bild: TITK)
  • Kunststoffe sind ideale Träger für antimikrobielle Wirkstoffe
  • Die kontrollierte Wirkstoffabgabe wird durch ein Carrier-System erreicht
  • Wirksame Hybrid-Additive versehen Polymere mit unterschiedlichen Funktionen

Die antibakterielle Wirkung von Kunststoffen kann durch verschiedene Additive generiert werden. Üblich ist in der Medizintechnik z.B. der Einsatz von Antibiotika (Imprägnierung mit antibiotikahaltigen Lösungen oder Salben, z.B. Nitrofural). Die immer stärker ausgeprägten Resistenzen unterschiedlicher Bakterien gegen Antibiotika sprechen jedoch seit Jahren dafür, Alternativen zu finden. In der Vergangenheit kamen deshalb häufig organische und organo-metallische Substanzen wie quartäre Ammoniumverbindungen (Biosafe), Triclosan (Microban), Zinkpyrithion (Sanitized) oder Chitosan zum Einsatz.

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Allerdings können diese Additive ihre antibakterielle Wirkung in Kunststoffapplikationen nicht immer zuverlässig entfalten, da vieles davon ursprünglich eher Einsatz in wässrigen Formulierungen fand. Darüber hinaus wuchs insbesondere die Anzahl an Silber-basierten Produkten, da diese nicht in einem hohen Maße Resistenzen bei Mikroorganismen verursachen. Diese Produkte und Technologien nutzten Silber in unterschiedlichster Form, beispielsweise Silbersalze, kolloidales Silber, Silber-Zeolithe, Silberionen in Komplexen und Ionentauscher-Harzen, sowie Nanosilber. Trotz der Vielzahl der entwickelten Produktlösungen mit Silber wird speziell der Einsatz von Nanosilber mitunter kritisch betrachtet.

Dennoch stellen metall-basierte Additive durch die Freisetzung von Metallionen eine effiziente und auch biokompatible Lösung dar, speziell bei Einsatz von Zink. Wichtig ist zudem eine kontrollierte, dosierte Wirkstofffreisetzung, welche sich nicht nur vorteilhaft auf die Langzeitwirkung auswirkt, sondern auch eventuelle Nebenwirkungen wie Überempfindlichkeit gegen Metallionen deutlich abmildert, da nur geringe Konzentrationen in kurzer Zeit abgegeben werden. Solch eine „kontrollierte“ Wirkstoffabgabe wird durch die Einbettung des Wirkstoffs in ein Carrier-System erreicht. Derartige Additiv-Systeme wurden für Silber, Kupfer bzw. Zink vom TITK entwickelt.

Spezielle Polymere fungieren als Carrier für antimikrobielle Wirkstoffe

Das TITK nutzt hochverzweigte Polymere (HBPs = Hyperbranched Polymers) als Wirkstoff-Carrier. Diese baumartig verzweigten Makromoleküle besitzen strukturbedingt Kavitäten, in die Wirkstoffe eingelagert werden können. Mit Hilfe chemischer Modifizierung der HBPs kann die Hydrophilie des Additivs gezielt beeinflusst werden, was eine bessere Wirkstofffreisetzung generieren kann, sich aber auch positiv auf die Verarbeitung und Verträglichkeit mit dem Matrixpolymer auswirkt. Auf diese Art entstehen sehr wirksame Hybrid-Additive, die aufgrund ihrer hohen spezifischen Oberfläche und der gezielten Wirkstoffabgabe in einer Vielzahl von polymeren Materialien, wie thermoplastischen Kunststoffen, zur antibakteriellen und antimykotischen Funktionalisierung eingesetzt werden können. Die Additive sind so konzipiert, dass sie vor allem auch über konventionelle Misch- bzw. Formgebungsverfahren wie Compoundierung, Extrusion und Spritzguss verarbeitet werden können und daraus Medizinprodukte gefertigt werden können (siehe Abbildung 1 und 2).

Die Wissenschaftler haben umfassende Untersuchungen zur Bestimmung der biologischen Wirksamkeit und Biokompatibilität der speziell entwickelten Additive durchgeführt. Die Antibakterielle Wirkung konnte gegen eine Vielzahl unterschiedlicher Bakterien nachgewiesen werden, so z.B. gegen die grampositiven Erreger Staphylococcus aureus und Streptococcus mutans, als auch gegen gramnegative Keime wie Klebsiella pneumoniae und Escherichia coli. Je nach Wirkstoffausrüstung zeigt sich zudem eine antimykotische Wirksamkeit, z.B. gegen Candida albicans (siehe Abbildung 3). Die nötigen Wirkstoffdosierungen sind materialspezifisch und müssen dem Eigenschaftsspektrum des Matrixpolymers angepasst werden. Auch zeigen die unterschiedlichen Metalle, eingebettet in den Wirkstoff-Carrier, verschiedene Vorteile, z.B. sehr starke Wirksamkeit bei Silber und Kupfer, sowie eine sehr gute Biokompatibilität und Farbneutralität bei Zink.

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