ZVEI „Digitalisierung ist für die Medizintechnik kein völliges Neuland“
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Die Corona-Krise hat gezeigt, wie sehr Deutschland in Sachen Digitalisierung hinterher hinkt. Doch wie ist da der Stand in der Medizintechnik-Branche? Das erklärt Hans-Peter Bursig* vom ZVEI im Interview mit Devicemed.

- Digitalisierung in der Medizintechnik gibt es schon seit Jahrzehnten
- Anwender und Hersteller müssen gemeinsam praxisbezogene Lösungsansätze entwickeln
- Regulatorische Vorgaben sind eine Herausforderung
Aktuelle Umfragen sehen in der Medizintechnik-Branche Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung. Ist das auch Ihr Eindruck?
Es gibt sicherlich Nachholbedarf, aber Digitalisierung ist für die Medizintechnik auch kein völliges Neuland. Unterstützung durch Computer und Software bei Diagnose und Therapie oder den Austausch von Daten gibt es in der Medizintechnik schon seit Jahrzehnten. Und mit Laien-Defibrillatoren im öffentlichen Raum gibt es sogar Medizinprodukte, deren Software auf Basis einer EKG-Messung autonom entscheidet, ob ein Stromstoß zur Defibrillation des Herzens notwendig und sicher ist.
Was fehlt, ist eine flächendeckende Nutzung dieser und weiterer technischer Möglichkeiten. Die medizinischen Anwender müssen dafür gemeinsame Arbeitsabläufe anlegen, damit Medizinprodukte definierte Rollen übernehmen und digital umsetzen können.
Gerade in der regulierten Medizintechnik sollten digitalisierte Lösungen große Vorteile versprechen. Woran liegt die geringe Umsetzung?
Digitalisierung wie oben beschrieben ist technisch heute schon möglich. Sie findet aber nicht von allein statt, sondern setzt voraus, dass Anwender und Hersteller gemeinsam praxisbezogene Lösungsansätze entwickeln. Die Initiative „Integrating the Healthcare Enterprise“ (IHE) ist hierfür ein gutes Beispiel. Heute wird unter Digitalisierung in der Medizin allerdings meist der Einsatz Künstlicher Intelligenz oder Lernender Systeme verstanden. Hier gibt es zwei Hürden: Zum einen können solche Systeme nur mit Hilfe von vielen, qualitativ hochwertigen Datensätzen entwickelt werden. Der Zugang zu solchen Daten ist in Deutschland und Europa heute nicht ganz einfach – auch für die Forschung nicht. Der geplante „European Health Data Space“ – ein Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft – soll das ändern. Zum anderen ist die Konformitätsbewertung solcher Systeme für die CE-Kennzeichnung nach der MDR eine Herausforderung.
Auf der einen Seite steht also die Diskussion über die richtige Nutzung bereits bekannter Technik. Auf der anderen Seite steht die Herausforderung, die Rolle neuer Technologien wie maschinelles Lernen für die Medizin und die Medizintechnik zu verstehen.
Die Fragen stellte Marc Platthaus, Chefredakteur Devicemed.
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* Hans-Peter Bursig ist Geschäftsführer des Fachverbands „Elektromedizinische Technik“ im ZVEI – Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V.
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