Messe München Automatica 2018: Mit Cobots und Co. zu neuen Rekorden
Die Automatica 2018 hat neue Rekorde bei Besuchern und Ausstellern erreicht: Besonders im Fokus: kollaborierende Roboter für die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine.
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- Kollaborierende Roboter– das dominierende Thema
- Maschinen sprechen eine gemeinsame Sprache
- Komplementäre Stärken von Mensch und Machine optimal kombinieren
Mehr als 46.000 Besucher und 890 Aussteller (jeweils plus 7 Prozent) haben sich vom 19. bis 22. Juni zur Automatica 2018 in München eingefunden. Kein Wunder also, dass Messegeschäftsführer Falk Senger zufrieden ist: „Die Automatica adressiert die Zukunftsthemen Mensch-Roboter-Kollaboration, digitale Transformation in der Fertigung und Servicerobotik. Die starken Ergebnisse zeigen: Hier in München wird die Geschichte der Automation und Robotik geschrieben.“
Auch Branchenkenner Dr. Norbert Stein, seines Zeichens Vorsitzender des Fachverbandes VDMA Robotik + Automation und Geschäftsführer der Vitronic GmbH, ist vom Messekonzept überzeugt: „Die Automatica hat wieder einmal Maßstäbe gesetzt. Sie zeigt die Zukunft der Automation und gibt Orientierungswissen auf höchstem Niveau.“ Mit 180 Ausstellern gibt mehr als jeder fünfte an, bereits heute Lösungen für die Anwendungsbereiche „Pharma-, Medizin(technik)- und Kosmetikindustrie im Programm zu führen.
Die vernetzte Produktion ist Realität
Vier Tage lange haben vergangene Woche neue Namen, Produkte und Konzepte das Automatica-Portfolio bereichert: Mit Digitalisierung, leichter Bedienung und mehr Flexibilität verfolgen die Aussteller das Ziel, neue Anwendungsgebiete in der Produktion zu erschließen. Nahezu unbegrenzte Automatisierungsmöglichkeiten verspricht hierbei die kollaborative Robotik. Vom Sensor über den Cobot bis zur kompletten Anlage setzt sich die direkte Interaktion zwischen Mensch und Maschine immer mehr durch und erobert den Markt in rasantem Tempo. VDMA-Geschäftsführer Stein kann hierzu zwar noch keine validen Marktzahlen nennen, geht aber grob geschätzt davon aus, dass die Anzahl kollaborierender Roboter hierzulande bereits im vierstelligen Bereich liegt. Zum Vergleich: 2017 waren in Deutschland etwa 20.000 Industrieroboter installiert. „Damit beträgt die Roboterdichte hierzulande mehr als 300 Roboter pro 10.000 Beschäftigte in der Industrie“, erläutert Stein.
„Derweil hat der weltweite Absatz von Industrierobotern 2017 die neue Rekordmarke von 380.550 Einheiten erreicht. Das ist ein Plus von 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2016: 294.300 Einheiten). China verzeichnete mit einem Plus von 58 Prozent das größte Nachfragewachstum für Industrie-Roboter. In Deutschland ist die Nachfrage zuletzt um 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.“ Das sind erste Ergebnisse der Roboter-Weltstatistik 2018, die die International Federation of Robotics (IFR) auf der Automatica präsentiert wurde. Zur aktuellen Zahl an installierten Robotern in den Branchen „Medical, precision and optical instruments“, so die offizielle Zuordnung der IFR, kann der internationale Roboter-Verband derzeit noch nichts sagen. 2016 waren das jedoch 1.470 weltweit und 169 in Deutschland.
Automatica-Video: Der Mensch in der intelligenten Fabrik
Großer Wachstumstreiber für die auf der Automatica erlebbare Zukunft ist die Konnektivität zwischen Maschinen. Entscheidend hierfür ist die Standardisierung von Kommunikationsschnittstellen. Wie wichtig die Kooperation zwischen Branchenteilnehmern ist, hat der OPC UA Demonstrator des Fachverbandes VDMA Robotik + Automation gezeigt, an dem 31 Firmen(!) beteiligt sind. „Interoperabilität ist der Schlüssel zur Differenzierung unserer Produkte in einer vernetzten Welt der Industrie 4.0. OPC UA ist der designierte Standard, um Maschinen in der intelligenten Fabrik der Zukunft die gleiche Sprache sprechen zu lassen“, erklärt dazu Dr. Horst Heinol-Heikkinen, Vorsitzender der Initiative OPC Vision im VDMA . Ziel ist, die komplementären Stärken von Mensch und Machine optimal zu kombinieren.
Asiatische Aussteller dominieren die Robotik
Seitens der Besucher ist die Automatica damit längst international anerkannt. 20 Prozent mehr Besucher aus dem Ausland vermeldet der Veranstalter. Eindeutig prägend auf der Messe ist aber auch der Einfluss asiatischer Aussteller, allen voran aus Japan. Yamaha, Kawasaki, Mitsubishi, Epson – die Liste ließ sich noch lange fortführen. Welche Bedeutung die Messe bei asiatischen Ausstellern genießt, wird am Beispiel von Epson deutlich. Zur Vorstellung von vier Messe-Neuheiten sind mit Kazuyoshi Yamamoto, President, Epson Europe B.V., und Yoshifumi Yoshida, Executive Officer, Robotics Solutions Operations Division, gleich zwei Vertreter aus dem Top-Management vor Ort. Sie präsentieren der versammelten Fachpresse unter anderem
- den Scara-Roboter T6 mit 6 kg Tragkraft und 600 mm Reichweite für weniger als 10.000 Euro. Motto: „Just Enough“,
- einen Prototyp des Sechs-Achs-Roboters VT6L für weniger als 13.000 Euro. Motto: „Simple Use“,
- den Sechs-Achs-Roboter N6 mit Faltarm für Umgebungen mit wenig Platz
- und als Highlight den Doppelarmroboter Work Sense W-01, der dank einer Vielzahl interner Sensoren und Kameras für die weitgehend autonome Produktion gemäß des Konzeptes „sehen, fühlen, denken, arbeiten“ ausgelegt ist.
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Marktführer stellt die nächste Generation der Cobot-Technologie vor
Als einer der Marktführer für kollaborierende Roboter hat Universal Robots auf der Automatica erstmals die nächste Generation seiner Cobot-Technologie präsentiert. Die E-Series bietet:
- einen integrierten Kraft-Momenten-Sensor
- ein neues Teach Panel mit verbesserter Programmierung
- neue Sicherheitsfunktionen
Damit sind die kollaborierenden Roboter der E-Series das neue Flaggschiff des Pioniers für kollaborative Robotik. „Wir wollen die Menschen dazu befähigen effizienter zu arbeiten und Automatisierung – auf einfache Art und Weise – für wirklich Jeden zugänglich machen“, erklärt Jürgen von Hollen, Präsident von Universal Robots, die Produktphilosophie und verspricht: „Die Technologie hinter der E-Series sowie unser einzigartiges Ökosystem ,Universal Robots+’werden Anwendern noch viel mehr Bedienkomfort und Flexibilität bieten und ihnen eine höhere Produktionsleistung ermöglichen.“
Dafür verleiht ein am Werkzeugflansch integrierter Kraft-Momenten-Sensor der E-Series die erforderliche Präzision und Feinfühligkeit, die für den Einsatz in einem noch größeren Anwendungsbereich erforderlich sind. Eine neu gestaltete, intuitive und reaktionsschnelle Benutzeroberfläche reduziert die kognitive Belastung für den Anwender und beschleunigt die Programmentwicklung, indem sie den Programmablauf vereinfacht und die Programmierung auf wenige Klicks mit einem neuen, leichten Teach Panel im Breitbildformat reduziert. Eine Kommunikationsschnittstelle am Handgelenk reduziert zudem die Komplexität und Integrationszeit in die Produktionslinie. Gleichzeitig können alle Gelenke in 2 bis 6 Minuten ausgetauscht werden.
Insgesamt erleichtern 17 Sicherheitsfunktionen, einschließlich anpassbarer Nachlaufzeit und Bremswege, die kollaborative Automatisierung. Zertifiziert durch den TÜV Nord entsprechen alle diese Funktionen den Maschinensicherheitsnormen EN ISO 13849-1 und EN ISO 10218-1 (Kat. 3 PLd) für eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter.
Der Mensch in der Smart Factory
Über Cobots von Universal Robots und die Messe hinaus stehen Anwender damit vor der Frage: Wie werden Menschen in Zukunft arbeiten? Mit der Sonderschau „Der Mensch in der Smart Factory“ machte der Fachverband VDMA Robotik + Automation die Arbeitswelt 4.0 greifbar. Gezeigt wurden hier unter anderem:
- Digitaler Assistenzsysteme als Unterstützer in der Handmontage
- Exoskelette und Wearables wie intelligente Handschuhe
- Gamification
- Chairless Chairs
- AugmentedReality (z.B. für die Wartung)
- Gestensteuerung
- Mobiles Lernsystemy
Das alles vereinfacht die Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Dazu erklärt Patrick Schwarzkopf, Geschäftsführer des Fachverbandes Robotik + Automation im VDMA: „Arbeitsplätze werden attraktiver und ergonomischer. Die jeweiligen Stärken von Mensch und Maschine sind komplementär. Das eröffnet eine große Chance für eine bessere Arbeitsplatzgestaltung.“ Trennzäune, wie sie über viele Jahre die Roboter-automatisierte Fertigung geprägt haben, braucht es dafür nicht mehr. Mensch und Maschine arbeiten im wahrsten Sinne des Wortes Hand in Hand.
Digitale Stärke – Software-Kompetenz beim Anlagenbauer Teamtechnik
Doch die Automatica ist natürlich weit mehr als eine Roboter-Messe. Auch andere Anlagen zur Automation gibt es zu sehen – oder auch nicht, wie im Falle des Ausstellers Teamtechnik. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Freiberg am Neckar ist Spezialist für Produktionstechnologie, Montage- und Funktionsprüfanlagen. Aber auf der Messe in München sucht der Besucher vergebens entsprechende Maschinen. Warum das so ist, erklärt Geschäftsführer Stefan Roßkopf: „In der modernen Fabrikautomation liegt der Steuerungs- und Softwareanteil inzwischen bei 50 Prozent. Deshalb investieren wir seit Jahren intensiv in unser Know-how für Software- und Steuerungstechnik.“ Und das zeige Teamtechnik dieses Jahr auch mit zwei konkreten Produkten auf der Automatica:
- Teamsoft MES: Flexibles Produktionsleitsystem für Montageanlagen, um Daten zentral mit einer Software zu speichern, zu überwachen, auszuwerten und zu parametrieren.
- Teamsoft Test: Prüfsoftware, um Prüfabläufe einfach, flexibel und webbasiert zu erstellen, sowie zur Prüfung von spezifizierten Funktionen und Parametern zur Absicherung von Qualität im regulierten Umfeld.
Gerade in der Medizintechnik, die mit etwa 40 Prozent zu den Kernzielmärkten von Teamtechnik zählt, werde das zunehmend zum Differenzierungs- und Alleinstellungsmerkmal. „Software als Produkt, das ist hier bei Pre- und Postprozessen der Datenerzeugung und -rückverfolgung von besonderer Bedeutung“, So Roßkopf. Insofern hat Teamtechnik in diesem Jahr konsequenterweise ganz auf Maschinen-Exponate verzichtet und statt dessen präsentiert, wie man mit Softwarekompetenz aus eigener Softwareentwicklung den Anlagenbau erneuert. „Damit sind wir Voreiter in der Branche“, gibt sich Roßkopf selbstbewusst. Das sei zwar erklärungsbedürftig, habe aber bei den Besuchern Aha-Effekte bewirkt. Letztlich kommt es Roßkopf aber trotz aller Softwarekompetenz darauf an, speziell gegenüber Anwendern aus der Medizintechnik-Industrie auch mit ganzheitlicher Anlagenkompetenz zu punkten:
- 1. Eigene Plattformen für Längs- und Rundtaktmaschinen
- 2. Prozesstechnologien für die Montage und Prüfung
- 3. Zuführtechnologien (Schüttgut und Palettiersysteme) als weiterer Schlüsselprozess
Flexible Anlage für die variantenreiche Pipettenmontage
Der Montage empfindlicher Glaspipetten in unterschiedlichen Längen und Varianten in hohen Stückzahlen hat derweil die Firma LAS Lean Assembly Systems gezeigt. Zum wiederholten Mal wurde in enger Zusammenarbeit mit Sensoplast als Auftraggeber eine Montagemaschine für diese Produkte konstruiert und gebaut. Sensoplast ist spezialisiert auf die Entwicklung, Fertigung und Montage hochwertiger Primärverpackungen für Flüssigkeiten, überwiegend für die pharmazeutische Industrie.
Die ausgestellte Anlage montiert drei Teile (Schraubverschluss, Sauger, Pipette). Dabei sah sich LAS vor mehrere anspruchsvolle Aufgaben gestellt:
- Empfindliche Glaspipetten auch in großen Längen bis 124 mm schonend zuführen und montieren
- Vielzahl an Varianten beherrschen (30 Produkttypen in verschiedenen Längen, Durchmessern und Materialien)
- Kurze Umrüstzeiten, um die Verfügbarkeit der Maschine hoch zu halten
- hohe Ausbringung von 120 Stück pro Minute
Gelöst hat LAS diese Aufgabe mit einer kurvengesteuerten Ratio-Cell-Basismaschine mit 12-fach Rundschalttisch, die zweibahnig mit 60 Takten/Minute läuft. Vorgeschaltet wurden Zuführungen und Vereinzelungen. Die Rundtaktmaschine wurde mit den passenden Montage- und Prüfstationen ergänzt. So wird das saubere Einsetzen der einzelnen Teile jeweils optisch kontrolliert. Zusätzlich wird beispielsweise der Gummisauger nach der Montage auf Dichtheit und die Glasröhrchen auf Höhe und Vollständigkeit geprüft. Die Ausgabe der Gutteile erfolgt in Folienbeutel. „Selbstverständlich wurde die Anlage reinraumgerecht ausgeführt. Und falls künftig noch weitere Varianten montiert werden sollen, besteht die Möglichkeit, die bestehende Maschine zu erweitern“, heißt es seitens LAS.
Was kommt als nächstes? Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz (KI) ist der nächste Technologiesprung. Mit zahlreichen Vorträgen zu diesem Thema hat die Automatica relevantes Fachwissen vermittelt. KI-basierte Datenanalysen können der Industrie einen enormen Wachstumsschub bescheren. Der interdisziplinäre Dialog ist hier entscheidend. „Um Geschäftspotentiale erfolgreich zu nutzen, müssen Automatisierungs- und IT-Anbieter gemeinsam mit KI-Experten in Zukunft wesentlich enger zusammenarbeiten“, betont stellvertretend für die Branche Ralf Bucksch, Technical Executive Watson IoT Europe, IBM Sales & Distribution, Software Sales.
Zurück in die Gegenwart: Auch in diesem Jahr kürte MM Maschinemarkt auf der Automatica wieder die Sieger des Automatica Awards. In insgesamt sieben Kategorien konnten sich die Aussteller vor Ort im Vorfeld mit ihren Produkten bewerben. Die Jury, die sich aus Redaktionsmitgliedern der Fachzeitschrift zusammensetzte, wählte dann anhand von verschiedenen Kriterien das jeweils beste Produkt in jeder Rubrik aus.
Hier die Gewinner des diesjährigen Automatica Awards in alphabetischer Reihenfolge der Kategorien:
- Antriebstechnik: Sumitomo (SHI) Cyclo Drive Germany GmbH für das Präzisionsgetriebe mit dem Prinzip eines Wellengetriebes für Handling-Roboter und kollaborierende Roboter ECY
- Bildverarbeitung & Sensorik: SSP Safety System Products GmbH & Co. KG mit der magnetischen Prozesszuhaltung Holdx SR
- Handhabung und Greiftechnik: Schunk GmbH & Co. KG mit dem kollaborierenden Greifer Schunk Co-act EGP-C Greifer
- Industrieroboter: Preccon Robotics GmbH und teconsult GmbH precision robotics mit ihrer Roboterkalibirierung IMS-Intelligent Measurement System
- Serviceroboter: GBS German Bionic Systems GmbH mit dem Exoskellet German Bionic Cray X
- Software: Datentechnik Reitz GmbH & Co. KG mit der Software für den 3D-Druck und das Fräsen mit Industrierobotern Sprutcam
- Steuerungstechnik: Kawasaki Robotics GmbH mit der intelligenten, manuellen Fernsteuerung für Industrieroboter Successor
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