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Medical Device Regulation Aus Sicht neuer Marktteilnehmer: Ist die MDR ein Industriekartell?

Ein Gastkommentar von Volker Klügl*

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Die MDR ist weiterhin die größte Baustelle in der Medizintechnik-Branche. Noch immer gibt es zu wenig benannte Stellen, um die Anfragen der Medizinproduktehersteller zu bewältigen und Bestands- sowie Neuprodukte zu zertifizieren. Ist die MDR aus Sicht neuer Marktteilnehmer deshalb ein Industriekartell? Mit dieser Frage setzt sich Volker Klügl in einem Gastbeitrag auseinander.

Volker Klügl ist Inhaber von Ipp, einem Beratungsunternehmen für Medizintechnik.
Volker Klügl ist Inhaber von Ipp, einem Beratungsunternehmen für Medizintechnik.
(Bild: Ipp)

Neue Player im EU Markt der Medizintechnik erfahren hohe Eintrittshürden. Dies geht automatisch mit dem Anspruch der Medical Device Regulation (MDR) einher, die Produktqualität und Sicherheit zu verbessern. Diese Hürde zu nehmen ist zu Recht anspruchsvoll und muss in vielen Fällen zwingend von benannten Stellen begleitet werden.

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Hersteller, die den Markteintritt suchen, stehen aktuell vor der Aufgabe eine benannte Stelle zu finden, die sie bei dieser Aufgabe begleitet. Immer öfter findet sich hier aber kein Ansprechpartner. Für neue Hersteller bedeutet das, die Entwicklung und den Markteintritt auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Der Markteintritt neuer Produkte wird so für mehrere Jahre verhindert. Als Berater bereiten wir unsere Kunden, die hier einen Markteintritt planen, darauf vor, dass ihre neuen Produkte erst nach dem Abarbeiten der Zulassung der Bestandsprodukte etablierter Hersteller in Verkehr gebracht werden können. Eine vom Herstellerverband geforderte Verlängerung der Laufzeit der aktuellen Zertifikate ist zwar für etablierte Hersteller ein Rettungsanker, schiebt aber die Verfügbarkeit der benannten Stellen für neue Hersteller weiter nach hinten.

Für einen neuen Marktteilnehmer wirkt die systematische Verhinderung neuer Marktteilnehmer quasi wie ein Industriekartell. Wir wurden hierbei als Berater mit der Frage konfrontiert, ob diese systematische Verhinderung neuer Marktteilnehmer in diesem Zusammenhang kartellrechtliche Vorgaben erfüllt.

Diese Frage müssen natürlich Spezialisten beantworten. Als Indiz mag gelten, dass es vermutlich keinen etablierten Hersteller gibt, der die MDR von Herzen begrüßt. Es gab hier sicher weder Wunsch noch Abstimmung der Unternehmen, die MDR einzuführen. Trotzdem muss festgehalten werden, dass eine Verlängerung bestehender Zertifikate bei gleichzeitiger Blockierung der benannten Stellen durch Bestandsprodukte ausschließlich den etablierten Herstellern zugutekommt.

Im engeren Sinne sind sicher nur wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Unternehmen verboten. Trotzdem wirkt die Pflicht zur Neuzulassung unter MDR bei gleichzeitiger Nichtverfügbarkeit benannter Stellen wie ein Kartell, schaltet neue Wettbewerber aus, bremst die Innovationskraft und schadet damit der Gesamtwirtschaft und dem Patienten.

Paradoxerweise würde nur ein kompletter Bestandschutz (unendliche Übergangsregelung) für alle MDD-Altprodukte Raum für neue Entwicklungen und neue Hersteller schaffen. Selbstverständlich müssten sich Neuentwicklungen und wesentliche Änderungen unter MDR zertifizieren. Diese hätten dann aber deutlich verfügbarere benannte Stellen und auf lange Sicht das innovativere und nach MDR geprüfte Produkt. Sobald die MDR-Prüfung für Innovation steht, werden bestehende Hersteller im Laufe der Zeit auch von sich aus die Zertifizierung umstellen. Auch könnte sich die EU an ihr Versprechen erinnern, KMU mehr zu fördern, indem man dort die Anforderungen auf MDD-Niveau belässt.

Weitere Artikel zu regulatorischen Angelegenheiten finden Sie in unserem Themenkanal Regulatory Affairs.

* Der Autor: Dr. Volker Klügl ist Unternehmer und Inhaber von Ipp. Er ist Spezialist für technische Dokumentation nach MDR, Regulatory Projektmanagement, Großprojekte, Prozessberatung MDR und klinische Bewertungen nach MDR.

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