Grundlagenwissen Augmented Reality in der Medizin – und darüber hinaus
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Augmented Reality (AR) bedeutet „unterstützte Realität“. Speziell Medizinern bieten sich damit enorme Möglichkeiten. Hintergründe, AR-Brillen und -Anwendungen sowie einen Ausblick finden Sie hier.

Am Anfang steht die Definition. Was genau ist eigentlich Augmented Reality (AR)? Augmented Reality ist ein Verfahren zur Visualisierung komplexer Daten im normalen Blickfeld eines Anwenders. Es verwendet Head-up-Displays, Projektionstechniken oder Spezialbrillen, um Informationen ergänzend zum Alltagsblick des Anwenders verfügbar zu machen. Damit ist Augmented Reality auch Teil der„Digitalen Revolution in der Medizin“. Die Grundlagen der Augmented Reality wurden bereits Mitte der 1970er Jahre gelegt. Der Einsatz dieser Technik konzentriert sich gegenwärtig im Wesentlichen noch auf Entertainment-Anwendungen im Consumer-Bereich. Erst langsam sind Einsätze in Industrie und Medizin im Kommen.
Video aus der Praxis: Augmented Reality im OP
Was bedeutet Augmented Reality?
Wörtlich übersetzt, bedeutet Augmented Reality „unterstützte oder ergänzte Realität“. Statt eine komplett virtuelle Realität zu erzeugen, erweitert Augmented Reality das bestehende Blickfeld des Anwenders durch zusätzliche Informationen. Diese Informationen können Texte, Grafiken oder andere Visualisierungen sein, die den Nutzer in seiner gegenwärtigen Tätigkeit unterstützen.
Geschichte und Ursprünge der Augmented Reality
Der Krieg ist der Vater aller Dinge, heißt es. Das gilt auch für Augmented Reality. Tatsächlich waren es die Head-up-Displays in Kampfjets der späten 1970er Jahre, die als erste mit dieser Technologie ausgestattet wurden. Der enorme Vorteil der Augmented Reality ist in diesem Zusammenhang, dass Piloten ihren Blick nicht senken müssen, um relevante Flugdaten ablesen zu können. Dieser Effekt gab dem Head-up-Display auch seinen Namen: Kopf-hoch-Anzeige.
Von den Anfängen in der Militärtechnik hat es jedoch bis Ende der 1990er Jahre gedauert, bis Augmented so weit gediehen war, dass erste Ansätze für eine gewerbliche oder private Nutzung präsentiert werden konnten. Das Problem von Augmented Reality war von Anfang an das sogenannte Tracking. Dieses bezeichnet das punktgenaue Abbilden der projizierten Grafiken auf die vorhandene Umgebung. Hier hat sich das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT) in Birlinghoven nahe Bonn als Pionier dieser innovativen Technologie etabliert. Mit zahlreichen Projekten trat das Institut seit Beginn der 2000er Jahre beispielsweise regelmäßig auf der Cebit auf. Inzwischen ist die AR zwar schon bei den Consumern angekommen. Eine breite Nutzung über Witz- und Spaßprogramme hinaus steht indes noch aus.
Aber immerhin: Games sind seit Anfang der 1980er eine treibende Kraft bei der Entwicklung dieser Informationstechnologie. Was damals mit dem Commodore C64 angefangen hat, führte schließlich zu Pokemon Go und Snapchat. Bei Pokemon Go wird die Kamera eines Smartphones zum Abbilden der Umgebung genutzt und um tanzende Figürchen erweitert. Wie weit die Tracking-Technologie heute schon gediehen ist, sieht man bei Snapchat und seinen vielen Derivaten: Schaltet man die Kamera im Selfie-Modus, kann man sein eigenes Gesicht auf die unterschiedlichsten Arten verändern: Als Weihnachtsmann, als Elfe, als Clown – die Möglichkeiten sind schier unendlich. Das innovative daran ist, dass die Mimik von den projizierten Grafiken in Echtzeit mit getragen wird. Das darf man durchaus als revolutionär bezeichnen.
Was dem Durchbruch einer anwenderfreundlichen Augmented Reality im Wege steht, sind ihre Kosten für die Entwicklung. Natürlich wäre es unglaublich praktisch, für jede Do-it-yourself-Anwendung und Reparaturanleitung einen entsprechenden Guide aufrufen zu können. Jedoch ist der redaktionelle Aufwand für die Anbieter dazu enorm. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die mit großen Ambitionen auf den Markt gebrachte Brille Google Glass am Markt gescheitert. Zudem waren die Informationen zu wenig spezifisch, die Handhabung zu umständlich und das Design hat nicht gerade den Massengeschmack getroffen.
Weniger „Kunstfehler“ in der Medizin dank Augmented Reality
In der Medizin hat Augmented Reality bisher noch am deutlichsten seine praktische Anwendbarkeit bewiesen. Einfaches Beispiel: Videospieltechniken sollen Medizin und Physiotherapie fördern. Jedoch sind viele medizinische AR-Technologien immer noch in der Entwicklung und der flächendeckende Durchbruch ist auch in der Medizin noch lange nicht vollzogen. Wozu Augmented Reality aber heute schon bei der Medizin in der Lage ist, lässt weit in die Zukunft blicken.
In der Medizin wachsen gegenwärtig einige Technologien zusammen. So treffen zum Beispiel hochfeine, individuell gefertigte Instrumente auf modernste bildgebende Verfahren und robotergesteuerter Operationstechniken. Der Operateur wird damit immer mehr zum Mediator, der diese Technologien mittels Augmented Reality und Virtuell Reality (VR) zu verbinden weiß. Mixed Reality wird das genannt.
Die in der Medizin heute verfügbaren Computertomographen und Magnetresonanzscanner sind in der Lage, virtuelle Modelle von Organen zu generieren. Die Umrechnung der aus den Durchleuchtungsapparaten gewonnenen Daten in hochaufgelöste, vollkinetische Grafiken erfolgt weitestgehend automatisch, so dass kein zusätzlicher Programmierer benötigt wird. Mit Hilfe dieser virtuellen Organe können Ärzte Eingriffe auf den Punkt genau planen. Letztendlich bedienen sie dabei aber nur noch Joysticks. Die tatsächliche chirurgische Arbeit wird von ferngesteuerten Roboterarmen vollzogen. Die Augmented Reality wird dabei zur Orientierung benötigt und vereinfacht Medizinern den Zugang zu kritischen Bereichen.
Die Vorteile der Augmented Reality kommen in der Medizin vor allem dann zum Tragen, wenn sie mit den benannten Technologien kombiniert werden. Ein gerendertes Organ lässt sich visuell ebenso „anfassen“, wie ein echtes. Durch die Verwendung von Einmal-OP-Besteck, das zudem individuell für den Patienten angefertigt wurde und von einem Roboter geführt wird, sinkt das Infektionsrisiko in der Medizin enorm. Auch die Gefahr von Fehlschnitten wird mit diesen Verfahren um ein Vielfaches reduziert. Die Augmented Reality trägt damit wesentlich dazu bei, die Häufigkeit der in der Medizin so gefürchteten „Kunstfehler“ zu reduzieren. Darüber hinaus werden mit diesen Technologien Operationen möglich, an die sich vor wenigen Jahren noch kein Chirurg auf der Welt heran getraut hätte.
Ausblicke für die medizinische Augmented Reality
Die große Revolution, auf die in der Medizin gegenwärtig ungeduldig gewartet wird, ist die Herstellung von Organen durch Stammzellen. Mit dieser Technologie, zu der auch der 3D-Druck gehört, wird die gesamte Transplantationstechnologie revolutioniert. Doch die künstlich erzeugten Organe aus Eigengewebe müssen von Medizinern auch implantiert werden können. Auch hier kann Augmented Reality helfen, die Brücken zu schließen. Selbst bei perfekt nachgebildeten Herzen, Lungen, Nieren und Lebern bleibt deren Austausch gegen das kranke Organ eine kritische Operation mit vielen Risiken. Punktgenaues, mikrochirurgisches Arbeiten mit Hilfe von Augmented Reality wird diese Revolution in der Medizin mit nach vorne bringen.
Augmented Reality in modernen Arbeitswelten
Augmented Reality kann aber auch in der modernen Fertigungstechnologie die Prozesse deutlich vereinfachen und einer breiteren Zielgruppe zugänglich machen. Die Funktion einer Augmented Reality ist dabei denkbar einfach: Der Arbeiter bekommt mit einer Augmented-Reality-Brille alles projiziert, was er für das Durchführen der gegenwärtigen Tätigkeit gerade braucht. Das ist für Montagefachkräfte, Wartungspersonal und Reparaturmannschaften eine erhebliche Erleichterung: Theoretisch können aufwändig ausgebildete Fachkräfte mit dieser Technologie durch Hilfskräfte ersetzt werden, die nur noch über technische Grundkenntnisse verfügen. Ganz so weit wird es schätzungsweise zwar nicht kommen, jedoch ist das Potential dazu in jedem Fall in der Augmented Reality angelegt.
Event-Video: Challenge Industrial AR/VR – Impressionen vom „Next Industry Expert Talk“
Die Funktionsweise ist schließlich bestechend einfach: Der Anwender sieht Schritt für Schritt das Werkzeug und wo er es in welcher Weise ansetzen muss. Nach der Handlung wird der Schritt bestätigt - und der nächste Schritt wird angezeigt. Dabei ist der Nutzer nicht auf einen starr montierten Bildschirm angewiesen, sondern kann Körper und Kopf frei drehen. So ist seine Navigation im Raum stets gewährleistet. Neben der Darstellung von Werkzeugen und Ersatzteilen werden ihm auch weitere Informationen eingeblendet: zum Beispiel Drehmomente, Druckanzeigen, Mengenangaben und was sonst noch für den jeweiligen Arbeitsschritt erforderlich ist. Neben dem Einprojizieren von Grafiken und Informationen kann die Augmented Reality auch mit Bildern von Zwischenschritten ergänzt werden. Und wenn der Anwender überhaupt nicht mehr weiter weiß, wird ihm die Handlung mit Hilfe eines kleinen Lehrvideos vorgeführt.
Technisch ist das alles heute schon umsetzbar. Lediglich der redaktionelle Aufwand ist enorm, weswegen diese Technologie in der Produktivwirtschaft in vielen Teilen noch auf ihren Durchbruch wartet. Vorreiter sind hier Medizin und Militär.
Hardware für Augmented Reality
Die am häufigsten verwendete Technologie rund um Augmented Reality sind heute zwar definitiv Tablet und Smartphone. Mit der Notwendigkeit, sie herumtragen zu müssen und damit die Hände zu blockieren wurde der Kern der Augmented Reality mit diesen Ansätzen noch nicht getroffen. Das ideale Werkzeug für die Augmented Reality ist deshalb nach wie vor die Augmented-Reality-Brille. Und dennoch will sie sich einfach nicht so recht durchsetzen.
Hierzu gibt es allerdings schon seit einigen Jahren Lösungsansätze, die so einfach wie preiswert sind: Smartphone-Halter in Brillenform können das kleine Gerät mit der entsprechenden App in eine leistungsstarke Brille verwandeln. Diese Lösung ist zwar sehr preiswert (die Angebote beginnen bei 20 Euro) jedoch ist das „Brett vor dem Kopf“ nicht gerade ein attraktiver Anblick. Um einen Eindruck von den Möglichkeiten der Augmented Reality zu bekommen, ist diese Hybrid-Lösung zwar gut geeignet, wirklich praxistauglich ist sie aber noch nicht. Und doch hat sich dieser Ansatz immerhin schon bei Drohnen-Piloten sehr gut durchsetzen können.
Ein ambitionierter Beginn, die Augmented-Reality-Brille massentauglich zu machen, war die Google Glass. Doch man kann das Projekt durchaus als gescheitert betrachten. Nicht zuletzt deshalb, weil man sich mit dem Aufsetzen der Brille nicht gerade Freunde gemacht hat: Schließlich filmt und speichert die Brille alles, was sich in Blickrichtung befindet. Das wird als Eindringen in die geschützte Privatsphäre gewertet und weckt Ängste beim Gegenüber.
Microsoft bietet mit seiner Hololens daher ein Produkt an, welches vor allem für die professionelle Anwendungen statt für die Straße ausgelegt. Das belegt letztlich auch ihr Preis. Mit um die 3.600 Euro ist die Microsoft Hololens alles andere als consumerfreundlich. Dennoch ist sie ein sehr interessantes Produkt. Die Brille ersetzt praktisch vollständig die gesamte Hardware, die für einen Computerarbeitsplatz erforderlich ist: Beliebig viele Bildschirme, Tastaturen, Videotelefonie, Zusatzdisplays und was sonst noch alles erforderlich ist, können einfach in die Umgebung projiziert werden. Die wenigen Nutzer, die sich dieses innovative Gadget geleistet haben sind durchweg begeistert. Der Preis dürfte aber noch eine Weile für Ablehnung sorgen.
Video: Die Microsoft Hololens im Check der c't-Redaktion
Eine günstigere Alternative ist beispielsweise die „Epson Moverio BT-300“. Sie ist mit 850 Euro deutlich günstiger und bietet ebenfalls einen interessanten Funktionsumfang. Außerdem sieht sie nicht ganz so spacig aus, wie die Hololens von Microsoft. Aber das ist letztlich eine Frage des Geschmacks. Festzustellen ist: Augmented Reality Brillen gibt es inzwischen in leidlich großer Auswahl im Fachhandel, in Elektronikmärkten und bei Online-Shops wie Amazon zu kaufen.
Software für Augmented Reality
Eine funktionstüchtige Software für AR-Anwendungen zu erhalten ist recht leicht: Sie werden in der Regel mit dem Augmented-Reality-Interface mitgeliefert oder können kostenlos bis preiswert aus dem Netz bezogen werden. Auch die App-Welt hat die Technologie schon längst entdeckt. Spätestens mit Snapchat ist die Auswahl an AR-Apps nahezu grenzenlos groß geworden. Der Nachteil an diesen für Android und IOS verfügbaren generischen Augmented-Reality-Programmen ist ihr geringer spezifischer Nutzwert. Zwar können alle möglichen Daten eingeblendet werden, wenn es aber darum geht, ein spezifisches Problem zu lösen, ist teure Spezialsoftware notwendig. Professionelle Montage- und Reparaturanleitungen oder auch medizinische Anwendungen sind damit die eigentlichen Nutzbringer dieser Technologie. Anbieter entsprechender Lösungen müssen jedoch die noch immer vergleichsweise hohen Kosten für den redaktionellen Aufwand und die notwendige Software tragen.
Gegenwart und Zukunft der Augmented Reality
Der Augmented-Realit-Markt teilt sich gegenwärtig in Spaß- und Hobbyanwender rund um Gamer und Drohnen-Piloten einerseits und hoch spezifische Nutzer andererseits auf. Die Mitte, die echte Killer-Anwendung, die den ganz normalen User begeistert, ist noch unbesetzt. Im Gegensatz zu den vielen anderen innovativen Technologien – von Kamera-Drohnen bis 3D-Druck – tritt die Augmented Reality noch etwas auf der Stelle und wartet auf ihren Durchbruch. Die AR-Entwicklung wird zwar nach wie vor mit Hochdruck vorangetrieben, Jedoch bleibt noch viel Arbeit für die Augmented-Reality-Dienstleister – vor allem bei der Forschung und Entwicklung für die Medizin sowie für den Maschinen und Fahrzeugbau – wenn sie sich von der Games- und Hobbywelt emanzipieren wollen. Dennoch: An Augmented Reality geht in Zukunft kein Weg vorbei. Zu groß sind die Potenziale dieser innovativen Technologie. Auch die Augmented-Reality-Forschung hält das Heft des Handelns fest in der Hand: Das Fraunhofer Institut für angewandte Informationstechnik (FIT) unterhält als Pionier der Augmented Reality-Forschung bis heute ein „Smart Glasses Experience Lab“, um die Potenziale dieser Technologie weiter zu erkunden.
Augmented Reality für Hersteller von Medizintechnik
Die Medizin bleibt gegenwärtig noch der Anwendungsbereich, in dem Augmented Reality am intensivsten genutzt wird. Dem entsprechend herrscht vor allem in dieser Branche noch Gründer- und Goldgräberstimmung. Da die Anforderungen an einen Medizingerätehersteller aber enorm hoch sind, ist der Marktzugang zu dieser Branche nicht gerade einfach.
Augmented Reality kann aber auch außerhalb des OP-Saales in der Medizintechnik genutzt werden. Vertriebler nutzen sie heute schon, um medizintechnische Geräte ihres Unternehmens beim Arzt oder dem Krankenhaus vor Ort präsentieren zu können. Das ist angesichts der voluminösen Medizingeräte von heute ein enormer Fortschritt: Mit Hilfe von Augmented Reality kann ein Computertomograph in die kleinste Praxis projiziert und in seiner vollen Funktionalität präsentiert werden.
So leistungsstark diese Gerät in der Medizin auch sind, so anspruchsvoll sind sie auch bei Wartung und Reparatur. Der Servicetechniker kann mit Hilfe der Augmented Reality auf engstem Raum alle Wartungs-, Inspektions- und Reparaturaufgaben durchführen. Es zeigt sich, dass die Medizin damit auch in der allgemeinen Wartung von Maschinen und Geräten Pionierarbeit leistet. Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden auch Kfz-Mechaniker Augmented Reality nutzen. Von dort ist es dann nur noch ein kleiner Sprung in die Do-it-yourself-Consumer Welt jenseits der Medizin. Letzten Endes sind das sehr gute Aussichten für Augmented Reality.
* * Robert Schumann ist technischer Redakteur bei einem großen Industriedienstleister und freiberuflicher technischer Autor. Er hat Medienwissenschaften studiert und weitere Abschlüsse in Maschinenbau und Bauwesen erworben.
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