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Additive Fertigung Wie der SLS-3D-Druck die Prothetik verändert

Von Stefan Holländer*

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Der 3D-Druck eröffnet der Prothetik neue Wege. Aus Pulver entstehen nachhaltige, individuelle und effiziente Prothesen. Das Unternehmen Partial Hand Solutions nutzt den SLS-Druck und kann durch den digitalen Workflow die Patienten besser versorgen.

Der SLS-Drucker von Formlabs hat eine vergleichsweise kleine Standfläche und ist einfach zu bedienen.
Der SLS-Drucker von Formlabs hat eine vergleichsweise kleine Standfläche und ist einfach zu bedienen.
(Bild: Formlabs)

Der 3D-Druck hat die Orthopädie grundlegend verändert. Mit dieser Technologie ist es möglich, individuell auf Patienten angepasste Prothesen herzustellen. Das funktioniert dank des digitalen Workflows. Die Prothese wird zunächst digital designt: Über einen 3D-Scan werden die Körpermaße der Patienten abgenommen und in ein CAD-Programm übertragen. Dort wird die Prothese designt und muss anschließend nur an den 3D-Drucker übertragen werden. Je nach Herstellungsart des 3D-Druckers sind anschließend noch verschiedene Nachbearbeitungsschritte notwendig.

Eine neue Möglichkeit, langlebige und erschwingliche Prothesen herzustellen, ist der SLS-3D-Druck. Das Selective Laser Sintering (SLS) findet in einem Pulverbett, meist unter Verwendung eines Nylonpulvers, statt. Das Pulver befindet sich in der sogenannten Druckkammer. Hier schmelzt ein Laser Schicht für Schicht einzelne Partikel des Pulvers und verbindet sie somit zu einer dreidimensionalen Struktur. Das umgebende Pulver wirkt dabei stabilisierend, sodass keine zusätzlichen Stützstrukturen notwendig sind. Nach dem Druck muss das Pulver in einer speziellen Kammer entfernt werden, sodass es nicht in die Atemwege gelangt. Sonstige Nacharbeiten sind nicht notwendig, die Produkte können aber bei Bedarf zum Beispiel noch lackiert werden.

Neuer Workflow verbessert die Patientenversorgung

Das Unternehmen Partial Hand Solutions ist spezialisiert auf die Fertigung von Prothesen für Hände und Arme. Gründer Matthew Mikosz stellt schon seit vielen Jahren patientenspezifische Prothesen her, sah sich jedoch immer vor der Herausforderung, eine erschwingliche, aber langlebige Prothese herzustellen. Bis vor Kurzem ließ er seine Aufträge von einem externen Zulieferer mit Spritzguss fertigen. Die waren jedoch nie akkurat genug, außerdem dauerten Produktion und Lieferung oft zwei Wochen – und damit viel zu lang.

Mikosz wandte sich deswegen dem 3D-Druck zu, konkret dem SLS-Druck. Solche Geräte waren für kleine und mittelständische Unternehmen bisher oft viel zu teuer. Der Hersteller Formlabs hat jedoch kürzlich mit dem Fuse 1 einen SLS-Drucker auf den Markt gebracht, der eine Alternative bietet. Der Drucker hat eine vergleichsweise kleine Standfläche, ist einfach zu bedienen und auch für kleinere Betriebe erschwinglich.

Partial Hand Solution stellt vor allem prothetische Finger für Soldaten her, versorgt aber auch Kinder mit Finger-Prothesen. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Entwicklungsstufen ist es schwierig, mit Vorlagen zu arbeiten – der 3D-Druck kommt hier also gerade recht. Nach dem Modellieren, Drucken und Säubern färbt Mikosz die Prothesen noch in einer Lösung aus Farbe und heißem Wasser. Direkt danach sind sie einsatzbereit. Die Finger-Prothese ist dank des Nylon-Pulvers sehr stabil und beständig. Natürlich kann sie von den kleinen Patienten individuell bewegt werden.

Effiziente, nachhaltige und individuelle Prothesen

Als ein kleines Unternehmen ist Partial Hand Solutions darauf angewiesen, sowohl nachhaltig als auch effizient zu arbeiten. Ein großes Pulverbett, aus dem nur teilweise Produkte hergestellt werden, scheint zunächst widersprüchlich, doch das täuscht: Zum einen arrangiert der Algorithmus der Druckvorbereitungssoftware möglichst viele Teile in der Druckkammer, und zum anderen wird das nicht verwendete Pulver beim Siften, dem Auffangen und Filtern des nicht verwendeten Pulvers, aufgefangen und kann wiederverwendet werden. So entsteht eine Recyclingrate von 70 Prozent.

Mikosz kann inzwischen ganz auf den externen Zulieferer der Spritzgussformen verzichten und die Prothesen vollständig inhouse fertigen. Das bedeutet auch, dass seine Patienten schneller ihre Prothesen erhalten. Die Produkte aus dem Nylonpulver haben ähnliche thermoplastische Eigenschaften wie klassische Spritzgussteile. Sie sind außerdem biokompatibel und sterilisierbar.

Kürzlich stellte Mikosz eine Ellenbogen-Prothese für einen zehnjährigen Jungen her. Auch hier nutzte er den SLS-3D-Druck – häufig werden auch für die Prothesen für Kinder vorgefertigte Teile für Erwachsene verwendet. Diese machen die Prothese für Kinder jedoch zu schwer. Dank der 3D-gedruckten Teile wurde die Prothese leichter und daher angenehmer zu tragen für seinen jungen Patienten. Der SLS-3D-Druck öffnet der Prothetik neue Wege – das steigert nicht zuletzt die Patientenversorgung.

Weitere Artikel über Auftragsfertigung und Fertigungseinrichtungen finden Sie in unserem Themenkanal Fertigung.

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* Der Autor: Stefan Holländer ist Managing Director EMEA bei Formlabs.

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