conhIT-Nachlese Umgang mit Health-Apps: Politik bleibt in der Deckung
Sollten gesundheitsbezogene Apps stärker als bisher reguliert werden? Wie kann ihre Finanzierung im ersten Gesundheitsmarkt verbessert werden? Einfache Antworten scheint es nicht zu geben. Diese und andere Fragen wurden auf der conhIT intensiv diskutiert. Eine Messe-Nachlese.
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Geschätzte über 100.000 im weitesten Sinne medizinische Apps finden sich in den App Stores von Apple und Google, und es werden immer mehr. Kai Helge Vogel vom Verbraucherzentrale Bundesverband sah diese Entwicklung als große Chance für die Patienten. Datenschutz und Datensicherheit müssten aber zwingend eingefordert werden: „Eine Gesundheits-App ohne Datenschutzerklärung geht nicht.“
Für das Bundesgesundheitsministerium wollte sich Nino Mangiapane, Referatsleiter Grundsatzfragen Telematik, nicht abschließend zu der Frage äußern, ob eine über die CE-Zertifizierung hinausgehende Regulierung des App-Markts für nötig gehalten wird oder nicht. Stattdessen verwies er auf eine von seinem Ministerium in Auftrag gegebene Bestandsaufnahme zu diesem Thema, deren Ergebnisse in Kürze vorliegen sollen.
Dr. Franz Bartmann von der Bundesärztekammer betonte die Notwendigkeit einer strengen Kontrolle bei Apps, die neue Therapieprozesse einführen. Eine App, die Zuckersensoren mit einer Insulinpumpe koppelt und dadurch eine künstliche Bauchspeicheldrüse bildet, müsse genau evaluiert und streng überwacht werden. Für Apps, bei denen lediglich eine analoge durch eine digitale Datenaufzeichnung ersetzt werde, gelte das nicht in dem Maße.
Für den bvitg warf Geschäftsführer Ekkehard Mittelstaedt die Frage der Erstattung von medizinischen Apps auf. Er berichtete über ein in Dänemark eingeführtes Schema, wonach versorgungsunterstützende Apps über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren abrechenbar sind, bevor dann anhand der Erfahrungen entscheiden wird, ob es eine Übernahme in die Regelversorgung gibt oder nicht. Vielleicht auch ein Modell für Deutschland?
Versorgung in Netzwerken: Mehr Qualität, weniger Bürokratie
Eine digitale Vernetzung medizinischer Einrichtungen verbessert die Patientenversorgung und entlastet das medizinische Fachpersonal, darüber waren sich die Experten auf der conhIT einig.
Wie niedergelassene Haus- und Fachärzte enger zusammenarbeiten können, zeigt das Ärztenetz Heilbronn, wo die Mediverbund AG mittlerweile knapp 60 Arztpraxen mit einer dezentralen Vernetzungslösung des Unternehmens MicroNova vernetzt hat. Die Lösung erlaubt den Versand von Dokumenten aller Art und bietet eine von den Ärzten selbst zusammengestellte Netzakte ohne zentrale Datenhaltung sowie einen ebenfalls dezentral angelegten Netzmedikationsplan.
„Eine erste Befragung unserer Ärzte zeigt, dass über 90 Prozent einen deutlichen Vorteil dadurch verspüren, dass die Befunde zeitnah vorliegen. Es wird nicht mehr so viel telefoniert“, sagte Silvia Welzenbach von der Mediverbund AG. Weitere Vorteile sähen die Ärzte in weniger Doppeluntersuchungen, weniger Folgeterminen und eine Verringerung des Risikos von Arzneimittelkomplikationen.
Auch Sandra Postel, Leiterin der Stabstelle Pflege bei der Marienhaus Holding, zeigte sich davon überzeugt, dass eine einrichtungs- und sektorenübergreifende Vernetzung nicht nur Patienten, sondern auch den Ärzten und Pflegekräften nutzt. Die Marienhaus Holding arbeitet derzeit in Kooperation mit dem Anbieter RZV an einer elektronischen Fallakte (EFA), um die Kommunikation zwischen Senioreneinrichtungen, Hospizen und Krankenhäuser zu verbessern.
Dabei wird schrittweise vorgegangen. Zunächst werden administrative und medizinische Daten nur im PDF-Format ausgetauscht. Danach erfolgt eine strukturierte Übermittlung der administrativen und dann der pflegerischen Daten. „Der strukturierte Austausch ist unverzichtbar, denn sonst verlieren wir die Motivation der Kollegen. Die PDF-Übertragung alleine macht noch nicht weniger Arbeit. Die Übertragung strukturierter Daten führt dagegen zu einer spürbaren Arbeitsentlastung“, so Postel.
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