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Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps Mobile Health verantwortungsvoll einsetzen

Mobile Technologien finden auch im Gesundheitsbereich immer stärker Verwendung. Eine jüngst veröffentlichte Studie hat sich mit medizinischen, technischen, aber auch rechtlichen, ethischen und ökonomischen Fragen rund um Mobile Health auseinandergesetzt.

Die Studie wurde vom Peter L. Reichertz Institut für medizinische Informatik (PLRI) durchgeführt, einem regionalen Exzellenz-Cluster der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), an dem multidisziplinär zum Thema Gesundheits-Apps geforscht und publiziert wird. Insgesamt 18 Autoren waren beteiligt
Die Studie wurde vom Peter L. Reichertz Institut für medizinische Informatik (PLRI) durchgeführt, einem regionalen Exzellenz-Cluster der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), an dem multidisziplinär zum Thema Gesundheits-Apps geforscht und publiziert wird. Insgesamt 18 Autoren waren beteiligt
(Bild: BMG/PLRI/MHH)

Die vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Studie „Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps – Charismha, die am Peter L. Reichertz Institut für medizinische Informatik erarbeitet wurde, wurde nun veröffentlicht.

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Die Untersuchung umfasst eine Bestandsaufnahme zu Gesundheits-Apps, ihrer Bedeutung für die Gesundheitsversorgung und leitet Handlungsmöglichkeiten ab. Die Ergebnisse sollen nun in einem Fachdialog mit Verantwortlichen im Gesundheitswesen, Datenschützern, App-Herstellern und Experten diskutiert werden, um daraus konkrete Maßnahmen und Selbstverpflichtungen abzuleiten.

Zusammenfassung

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:

  • Eine Marktanalyse hat ergeben, dass bei den gegenwärtig angebotenen Apps in den Kategorien „Medizin“ und „Gesundheit und Wellness“ Produkte mit diagnostischem oder therapeutischem Anspruch bisher eher selten sind.
  • Medizinische Apps bieten zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel für Selbstmanagement und Therapietreue sowie Prävention und Gesundheitsförderung. Umfassende Belege für den Nutzen fehlen bisher. Allerdings gibt es einzelne Hinweise darauf, dass Apps eine positive Auswirkung auf die Zunahme der körperlichen Aktivität, die Anpassung der Ernährung und die Gewichtskontrolle haben können. Die Studie empfiehlt, die weitergehende wissenschaftliche Evaluation von Präventions-Apps sowie Apps zur Diagnostik und Therapie zu fördern, um mehr Evidenz zu schaffen.
  • Die ethische Diskussion zu den Folgen der neuen technologischen Möglichkeiten im Gesundheitsbereich, zum Beispiel zur Abwägung von Privatheit und Transparenz, Autonomie und Kontrolle, muss vertieft werden. Hier könnten ethische Richtlinien für die Entwicklung, Empfehlung und Nutzung von Gesundheits-Apps sowie Vorgaben, damit Nicht-Nutzern keine Nachteile entstehen, entwickelt werden.
  • Gesundheits-Apps halten die datenschutzrechtlichen Anforderungen häufig nicht ein. Bei der Datenschutzerklärung und der Einholung von Einwilligungen durch die Nutzer fehlt es oft an Transparenz. Soweit Daten im Ausland gespeichert werden, ist die Nutzung nicht dem deutschen Datenschutzrecht unterworfen. Daher empfehlen die Forscher, Datenschutzstandards weiterzuentwickeln und die Aufklärungspflichten zu erweitern.
  • Die bisher existierenden Orientierungshilfen für Nutzer haben unterschiedliche Zielsetzungen und Konzepte. Keiner der bisherigen Ansätze zum Nachweis von Qualität und Vertrauenswürdigkeit konnte sich durchsetzen. Daher empfiehlt die Studie, Qualitätskriterien in einem breiten Konsensverfahren zu entwickeln, auf deren Basis Orientierungshilfen für Nutzer erarbeitet werden können.
  • Auch professionelle Nutzer benötigen Orientierung. Leitlinien oder Empfehlungen für professionelle Nutzer sowie die Förderung von Strukturen, die es Ärzten, Krankenkassen und weiteren professionellen Nutzern ermöglichen, geeignete Apps auszuwählen, einzusetzen und zu empfehlen, könnten hier helfen.
  • Die bisher vorhandenen Orientierungshilfen für Hersteller von Gesundheits-Apps bieten ersten Anhalt für den Medizinproduktebereich, decken jedoch nicht den gesamten Bereich der Gesundheits-Apps ab. Daher wird empfohlen, weitere Informationen zur qualitätsgesicherten Entwicklung und zum Zulassungsverfahren bereitzustellen.
  • Die Abgrenzung, welche Apps dem Medizinprodukterecht unterliegen und welche nicht, erweist sich in der Praxis noch als schwierig. Hier schlagen die Autoren eine weitere Ausarbeitung der Abgrenzungskriterien und eine Verpflichtung der Hersteller zur deutlichen Herausstellung der Zweckbestimmung einer App vor.
  • Ob und gegebenenfalls wie Apps in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden sollen, muss, so die Studie, grundsätzlich überprüft werden. Hierzu sollte auch geklärt werden, ob die Wirksamkeit von Apps in den heute üblichen klinischen Studien evaluiert werden kann oder spezielle Anforderungen formuliert werden müssten.

„Für viele sind Apps heute schon ein Ansporn, sich mehr zu bewegen, sich gesünder zu ernähren - und sie unterstützen zum Beispiel auch ‎bei der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten. Das kann vielen Menschen eine wertvolle Hilfe sein“, erläutert Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Bei mehr als 100.000 Gesundheits-Apps sei es für Bürger und Ärzte allerdings nicht einfach, zwischen guten und schlechten Angeboten zu unterscheiden.

„Nötig sind klare Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Patienten, medizinisches Personal und App-Hersteller. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass Produkte, die einen wirklichen Nutzen für Patienten bringen, schnell in die Versorgung gelangen. Die heute vorgelegte Studie ist eine wichtige Grundlage für den Fachdialog mit Experten und Verantwortlichen im Gesundheitswesen, in den wir nun eintreten wollen“, kommentiert Gröhe.

Forschung & Förderung

Mit dem E-Health-Gesetz wurde geregelt, dass digitale Anwendungen, die die Versorgung verbessern, auch besser von den Kassen erstattet werden sollen. Zudem werden über einen Innovationsfonds Projekte und Forschung mit jährlich 300 Millionen Euro gefördert.

Um zu klaren Regeln für Nutzennachweise und Kostenerstattung für Versorgungsangebote rund um Gesundheits-Apps zu kommen, soll der Dialog zwischen Herstellern und Krankenkassen im Rahmen der E-Health-Initiative des Bundesgesundheitsministeriums gestärkt werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat bereits für App-Entwickler eine Orientierungshilfe für die Zulassung von „Medical Apps“ entwickelt. Es soll zu einer zentralen Anlaufstelle für Gründer und App-Entwickler in Deutschland weiterentwickelt werden.

Gerade beim Schutz höchstpersönlicher Patientendaten ist die internationale Zusammenarbeit wichtig, denn der Markt der Gesundheits- und Medizin-Apps ist international aufgestellt. Deshalb begleitet das Bundesgesundheitsministerium auf EU-Ebene derzeit die Arbeiten an einem sogenannten „Code of Conduct“, der sich zu einer Selbstverpflichtung der Hersteller von Gesundheits-Apps in Bezug auf Qualität und Datenschutz entwickeln soll.

Zugleich muss sichergestellt werden, dass durch neue Technologien nicht die Solidarität zwischen gesunden und kranken, jungen und alten Menschen in Frage gestellt wird. Das Bundesgesundheitsministerium will in Kürze eine Forschungsförderung im Bereich Ethik und Digitalisierung im Gesundheitswesen ausschreiben.

Dieser Artikel ist erschienen auf www.egovernment-computing.de.

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