Medical Device Regulation MDR-Anforderungen gemeinsam meistern
Post-Market Surveillance und Post-Market Clinical Follow-Up haben durch die Medical Device Regulation eine bedeutendere Rolle bekommen. Die Akteure des Projekts Aiqnet haben einen herstellerübergreifenden Prozess initiiert, der es ermöglichen soll, die benötigten Daten aus der Routineversorgung zu erheben und zu nutzen.
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Das Projekt Aiqnet unterstützt Hersteller bei der Definition und Beschaffung von Daten für klinische Prüfungen und vereinfacht die klinische Bewertung von Medizinprodukten. Im Rahmen des Projekts erhalten Hersteller die Möglichkeit, sich an der Konsensbildung über PMS-Endpunkte für MDR-Zwecke direkt zu beteiligen. Frank Trautwein, Geschäftsführer der Firma Raylytic und Mitinitiator des Vorhabens, strebt danach, Herstellern ein laufend gepflegtes Sammelwerk zur Planung von Post-Market-Clinical-Follow-Up(PMCF)-Studien zur Verfügung zu stellen. „Wenn uns die Erstellung eines mit den Herstellern, Kliniken und benannten Stellen abgestimmten Sammelwerks zur Definition von PMCF-Studien gelingt, können Kliniken und Hersteller mit Aiqnet vollständig automatisiert PMCF-Daten aus der Routineversorgung erheben und nutzen“, sagt Trautwein. „Das wäre ein enormer Fortschritt für die gesamte Branche und würde zu erheblichen Zeiteinsparungen aller unmittelbar betroffenen Stakeholder führen“.
Nach Inkrafttreten der Medical Device Regulation (MDR) haben sich die Anforderungen der klinischen Bewertung von Medizinprodukten maßgeblich verändert. Insbesondere die klinischen Nachbeobachtungen stellen die Hersteller vor immense Herausforderungen. Diese müssen beispielsweise nach der Markteinführung durch fortlaufendes Monitoring im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit und Sicherheit dokumentiert werden. „Viele Unternehmen sind ratlos, wie sie an die geforderten Daten kommen sollen“, berichtet Marena Hauser, verantwortlich für Innovationsprojekte beim Cluster-Netzwerk Medical Mountains. Als Aiqnet-Konsortialpartner moderiert sie eine der Konsensgruppen. „Der konventionelle Weg ist aufwändig: Anwender erhalten Fragebögen, anhand derer sie die einzelnen Produkte beurteilen sollen – angesichts knapper Personalressourcen in Kliniken und anderen Einrichtungen fließen die Rückmeldungen nur spärlich“, bedauert sie. „Wenn es gelingt, die Informationen aus der klinischen Praxis schnell, umfassend und zuverlässig verfügbar zu machen, wäre der gesamten Branche eine unglaubliche Last abgenommen.“
Mehr Erfahrungen bringen größeren Nutzen
Der gemeinschaftliche Nutzen setzt aber zunächst viel Vorarbeit voraus: Welche Messwerte und Eigenschaften sind unabdingbar für die Charakterisierung des Medizinprodukts? Welche Messmethoden entsprechen dem Stand der Technik und liefern zuverlässige Werte? Welche Detailtiefe müssen die Daten besitzen? Wie groß muss die betrachtete Patientenkohorte, wie lange der Beobachtungszeitraum sein? Welche Anforderungen müssen bezüglich der Datenqualität eingehalten werden? Diese Fragen werden im Rahmen der Konsensbildung für die produktgruppenspezifischen PMCF-Endpunkte beantwortet.
„Je mehr Hersteller, Ärzte, Forscher und benannte Stellen ihre Einschätzungen und Erfahrungen einbringen, desto standardisierter und einfacher können die benötigten Daten in den Kliniken erfasst und durch die Hersteller und benannten Stellen verarbeitet werden“, erklärt Trautwein und fordert die Hersteller auf: „Begeistern Sie andere Akteure in Ihrem beruflichen Umfeld. Nur zusammen kann es uns gelingen, mit dem regulatorischen Overhead effizient umzugehen und auf Basis belastbarer Daten die Diagnose, die Behandlung und die Medizinprodukte stetig zu verbessern.“
Anja Reutter, Projektleiterin bei der Bioregio Stern Management GmbH, unterstreicht, welche Vorteile das Engagement bringt: „Wenn Sie den Stand der Technik hinsichtlich geeigneter Studienendpunkte zur Beurteilung der Leistung und Sicherheit von Medizinprodukten aktiv mitgestalten, profitieren Sie von den Ergebnissen aus den Produktgruppen und reduzieren Ihren MDR-Overhead.“
MDR-Verwaltungsapparat reduzieren
Aiqnet will ein Ökosystem zur breiten Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschung, Entwicklung, klinischen Studien und evidenzbasierter Medizin unter Einhaltung internationaler gesetzlicher Vorgaben (Compliance) schaffen. Beteiligt sind hierbei wichtige Akteure von benannten Stellen bis zu Medizinprodukteherstellern sowie Ärzte und Wissenschaftler. Innerhalb dieses herstellerübergreifenden Prozesses sollen produktgruppenspezifische Methodiken und Studienendpunkte definiert werden, um den MDR-Overhead aller unmittelbar betroffenen Akteure zu reduzieren.
Ausgehend von der künftig verbindlichen Produktklassifizierung nach dem europäischen EMDN-Schema haben sich Produktgruppen mit bis zu zehn Unternehmensvertretern in 13 Produktkategorien zusammengefunden. Diese sammeln in den kommenden Monaten Vorarbeiten und Studienprotokolle, die anschließend mit den benannten Stellen abgestimmt werden sollen. Die Ergebnisse der Arbeiten werden interessierten Fachkreisen kostenlos zugänglich sein.
Interessierte können hier die Konsensbildung mitgestalten.
Weitere Artikel zu regulatorischen Angelegenheiten finden Sie in unserem Themenkanal Regulatory Affairs.
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