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Proto Labs Kunststoffteile aus dem Internet in Serienqualität

Redakteur: Kathrin Schäfer |

Eine IT-Netzwerkfirma hat ein Home-Care-System zur Serienreife gebracht, welches automatisch Hilfe bietet, sobald sich außergewöhnliche Situationen ergeben. Die Entwicklung und Produktion erfolgte in Rekordzeit, ohne fachlichen Hintergrund in Sachen Kunststofftechnik und ohne teure Stahlwerkzeuge.

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Sensorbasierendes Assistenzsystem für Senioren: Das Gerät erinnert an einen Radiowecker und ist per Funk verbunden mit im Haus verteilten Sensoren.
Sensorbasierendes Assistenzsystem für Senioren: Das Gerät erinnert an einen Radiowecker und ist per Funk verbunden mit im Haus verteilten Sensoren.
(Bild: Casenio)

Tim Lange ist Vorstand der Aktiengesellschaft Die Netz-Werker in Berlin. Das Unternehmen ist eigentlich seit 1995 spezialisiert auf reine Infrastruktur und Systemmanagement für IT-Datennetze. Aufgrund persönlicher Erfahrungen entschloss er sich, ein sensorbasierendes Assistenzsystem für Senioren zu entwickeln, herzustellen und zu vertreiben: „Schließlich gibt es heute eine große Auswahl an Sensortechnik zu erschwinglichen Preisen. Was tatsächlich fehlte, war ein vernetztes System mit einer für diese Zwecke geeigneten Hauszentrale, angebunden an eine intelligente Management-Plattform, die mit Internet und Mobilfunk die Mittel der modernen Kommunikation nutzt.“

Intelligente Assistenz

Das System bietet eine Alternative zu üblichen Alarmierungssystemen, welche manuell auszulösen sind und ständig am Körper getragen werden müssen. Ausgerechnet in kritischen Situationen, wie dem nächtlichen Toilettengang oder beim Duschen, werden sie dann oftmals nicht mitgeführt.

Anders dagegen das Konzept von Tim Lange, welches er inzwischen unter dem Namen Casenio vertreibt. Eine zentrale Einheit wird als Sender und Empfänger im Haus des zu Betreuenden platziert. Das Gerät erinnert in Form und Größe an einen Radiowecker und ist in der Anzeige bewusst sehr einfach gehalten. Es fungiert als Zentrale und ist per Funk verbunden mit im Haus verteilten Sensoren. Die Daten laufen verschlüsselt in ein Rechenzentrum mit Alarmprofilen. Eine Kommunikation ist via Mobilfunk möglich. Neben den personen- und wohnungsbezogenen Situationen gibt es Erinnerungsfunktionen, beispielsweise für die Einnahme von Medikamenten, oder es lassen sich Elektrogeräte ferngesteuert ausschalten.

Nachdem die Idee für das Gerät geboren und das Konzept schließlich ausgereift war, kam das Projekt in die Realisierungsphase. Gesucht wurde ein Spritzgussanbieter, der das Gehäuse für die Zentraleinheit fertigt. 3D-Printverfahren schieden aus, da die Qualität nicht serientauglich war. Klassische Kunststoffspritzgussfertiger sprengten mit einem Stahlwerkzeug und Lieferzeiten von 16 Wochen den Budget- und Zeitrahmen.

Spritzgussteile in Tagen

Geschäftsführer Tim Lange fand eine Alternative: „Wir begannen im Internet zu recherchieren und stießen glücklicherweise auf Proto Labs. Innerhalb von Minuten luden wir unser 3D-CAD-Modell auf die dortige Angebotsplattform hoch. In Windeseile erhielten wir unser Angebot sowie eine kostenlose und visualisierte Analyse zur Machbarkeit des Gehäuses mittels Spritzguss. Zu meiner großen Überraschung steckt hinter Proto Labs eben nicht nur eine Onlineplattform, auf der man mit einer Webseite und Online-Tutorials allein gelassen wird. Wir telefonierten direkt mit Spezialisten in der Proto-Labs-Deutschlandzentrale in Mosbach, die uns wertvolle Tipps und Hinweise zu Materialauswahl und konstruktiven Verbesserungen gaben. In der Summe erhielten wir eine umfassende deutschsprachige Beratung, gespritzte Kunststoffteile aus unserem Wunschmaterial, eine auf wenige Tage begrenzte Lieferzeit – und das alles zu einem sagenhaft günstigen Preis.“

Proto Labs ist es gelungen, moderne Produktionsmethoden mit CAD/CAM- und Internettechnologie auf einer sicheren Plattform zu verbinden. Für das Gehäuse von Casenio wählte der Kunde einen gängigen ABS-Kunststoff mit der Bezeichnung ABS/PC in Iron Grey RAL 7011, Bayblend T65 XF Nat. Das Gerät wird vorwiegend für alte und kranke Menschen zu Hause verwendet, so dass man auf zertifizierte und spezifizierte medizintechnische Kunststoffe verzichten konnte. Im Vordergrund standen vielmehr Form und Farbe, um eine hohe Akzeptanz beim Anwender zu erreichen, denn das Gerät steht frei sichtbar im Raum. Außerdem sollten niedrige Herstellungskosten dem Start-up-Unternehmen entgegenkommen. Prinzipiell kann der Kunde bei Proto Labs standardmäßig zwischen mehr als einhundert Materialien frei wählen und kalkulieren. Für typische Medizintechnikprodukte, die starker Beanspruchung durch häufige und intensive Desinfektion und Sterilisation ausgesetzt sind oder einer gewissen Zertifizierung bedürfen, können die jeweils spezifischen Materialien bereitgestellt werden. Selbst Silikon stünde bei Bedarf zur Verfügung.

Varianten nach Serienstart

Tim Lange sieht noch weitere Vorteile: „Die Geschwindigkeit und das hohe Qualitätsniveau bei Proto Labs brachten uns schnell zur Serienreife. Spätere Änderungen stellten sich selbst nach Serienbeginn als unproblematisch heraus. Als ein Kunde aus der Versicherungsbranche mit dem Wunsch an uns herantrat, die Casenio-Zentraleinheit seitlich mit Kunststoffabdeckungen in seiner Hausfarbe zu versehen, ohne das Designelement ‚Casenio-Welle‘, konnten wir dem leicht entsprechen. Schließlich mussten wir kein teures Stahlwerkzeug produzieren lassen. Das macht uns äußerst flexibel und schnell bei der Auslieferung. Aus diesem Grund bestreiten wir die gesamte Serie zunächst mit Teilen von Proto Labs.“

Es gehört zur Grundphilosophie von Proto Labs, dass der Kunde Teile bestellt und keine Werkzeuge. Das gesamte Werkzeughandling ist Proto Labs vorbehalten, der Kunde ist entlastet. Bestellt der Kunde wie hier eine neue Variante in Form und Farbe, wird das Design sofort auf Machbarkeit analysiert und wunschgemäß in Farbe und Stückzahl angeboten. Die Auslieferung erfolgt binnen Tagen. Möglich macht dies das geschützte Proto-Labs-Fertigungsverfahren. Die Befreiung des Kunden von der Bindung an teure Werkzeuge für Kleinserien eröffnet Perspektiven für das Ausprobieren neuer Varianten.

Inzwischen ist bei Casenio eine neue Generation von Geräten mit Z-Wave-Übertragungs-Technologie geplant. Tim Lange ist begeistert: „Wir sind fähig, mit Proto Labs kurzfristig Verbesserungen in die bestehende Serie einfließen zu lassen. Obwohl wir keine Kunststoffspezialisten sind, kommen wir schnell, einfach und preiswert an serientaugliche Teile.“

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