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MDR Die MDR und ihre dramatischen Folgen

Von Kristin Breunig

Seit Mai 2021 gilt die Medical Device Regulation. Wie im Vorfeld befürchtet, haben bereits jetzt 70 Prozent der Medtech-Unternehmen einzelne Medizinprodukte oder ganze Produktlinien eingestellt. Die Branche fordert Lösungen für bewährte Bestandsprodukte und seltene Nischenprodukte.

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„Wir müssen die im Markt sichtbaren Auswirkungen der MDR sehr ernst nehmen“, warnt BV-Med-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll.
„Wir müssen die im Markt sichtbaren Auswirkungen der MDR sehr ernst nehmen“, warnt BV-Med-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll.
(Bild: BV-Med/Darius Ramazani)

Die Medtech-Branche kämpft mit den Auswirkungen der im Mai eingeführten Verordnungen der Medical Device Regulation (MDR). Das ist das Ergebnis einer aktuellen BV-Med-Umfrage. 88 Mitgliedsunternehmen beteiligten sich an der Befragung:

  • Über 70 Prozent der BV-Med-Mitgliedsunternehmen haben aufgrund der MDR-Neuregelungen einzelne Medizinprodukte oder ganze Produktlinien eingestellt. Die Medtech-Unternehmen nennen dafür Beispiele aus den Bereichen Endoprothetik, Implantate, Erste-Hilfe und der Wundversorgung, Kardiologie, Ophthalmologie, Gynäkologie und Urologie, Proktologie, Neurochirurgie und Gastroenterologie. Darunter sind chirurgische Instrumente und Nischenprodukte.
  • Darüber hinaus gaben 55 Prozent der Unternehmen an, dass bisherige Lieferanten bereits ihre Geschäftstätigkeit aufgrund der MDR eingestellt haben. Der Verlust von Lieferanten führte in knapp 38 Prozent der Fälle zu einer Einstellung von Produkten oder sogar ganzen Produktlinien. Weitere Auswirkungen waren notwendige Designänderungen an den Produkten (27 Prozent) und damit einhergehende Auswirkungen auf die Gültigkeit bestehender Zertifikate (26 Prozent).
  • Rund 60 Prozent aller befragten Medtech-Unternehmen berichten über einen Anstieg der Kosten und der Dauer eines Konformitätsbewertungsverfahrens über alle Medizinprodukte-Risikoklassen hinweg. Ungefähr 40 Prozent hat noch keine Kenntnis darüber. Je höher die Klasse, umso stärker hat sich die Dauer der Verfahren erhöht (55 bis 100 Prozent), während sich die Kosten über alle Klassen hinweg verdoppelt haben.

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Aus einer weiteren BV-Med-Blitzumfrage, an der sich 24 Mitgliedsunternehmen beteiligten, geht hervor, dass nur ein Drittel der Hersteller mit der Kommunikation mit ihrer benannten Stelle zufrieden ist. Als kritische Themen werden die Unberechenbarkeit von zeitlichen Abläufen, oft wechselnde Vorlagen für Anträge, eine intransparente Preisgestaltung, mangelnde Ressourcen und Erreichbarkeit sowie unterschiedliche Ansichten über klinische Bewertungen sowie Klassifizierungen genannt.

Forderungen für Bestands- und Nischenprodukte

Die Befürchtungen und Forderungen sind nicht neu. Schon seit einigen Monaten machen z. B. Kinderchirurgen auf befürchtete Engpässe bei der Produktverfügbarkeit aufmerksam.

„Wir müssen die im Markt sichtbaren Auswirkungen der MDR sehr ernst nehmen. Es drohen negative Auswirkungen auf die Patientenversorgung. Der Handlungsdruck wächst. Wir brauchen jetzt Lösungen insbesondere für bewährte Bestandsprodukte und seltene Nischenprodukte, wie sie bspw. in den USA oder für seltene Arzneimittel in der EU existieren“, fordert BV-Med-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll. Im Speziellen fordert der Verband:

  • Für bewährte Bestandsprodukte müssen pragmatische Lösungen beispielsweise über das Instrument der „Anerkennung klinischer Praxis“ gefunden werden.
  • Für „Orphan Devices“ (Nischenprodukte) muss die Europäische Kommission Ausnahmeregelungen nach dem US-Vorbild der „Humanitarian Device Exemption“ sowie der „Orphan Drug“-Regelungen in Europa schaffen.
  • Für KMU sollten spezielle Förderprogramme bspw. zur Unterstützung von klinischen Studien aufgelegt werden. Diese Förderprogramme dürfen sich nicht nur auf Neuentwicklungen und Innovationen beschränken, sondern müssen Bestandsprodukte einschließen.

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